prag aktuellprag aktuell | Rubrik: Kultur | 12.6.2013

Prag - George Soros spielt gern Tennis. Den Spaß gönnt er sich auch auf Reisen und legt ab und zu ein Match ein zwischen den Terminen. Neulich auf dem Balkan ist ihm die Sporttasche weggekommen. Schläger, Bälle, Dress, alles. Geklaut oder verloren, war nicht mehr festzustellen. Für den Wohltäter ging in der Community aber gleich der Klingelbeutel um. 

Tennisschläger für Soros. Zu schön um wahr zu sein? Zu blöd vielleicht? 

Konnte ich auch kaum glauben, als vor einer Woche die Sammlung fürs Jazz Dock begann. Der Club am Smichover Ufer der Moldau fiel der Flut zum Opfer, zur Hälfte unter Wasser. Den genauen Schaden kennt momentan wahrscheinlich nicht einmal Vladimír Lederer. So heißt der Besitzer des Ladens: Anwalt, Auktionshausbesitzer und für hiesige Verhältnisse bestens betucht, bis unlängst zumindest.

Herr Lederer mag Jazz. Als er sich es leisten konnte, baute er einen Musikclub in die Moldau, auf die Reste zweier Bootshütten, die er in den 90er Jahren aus einem Vereinsfonds kaufte. Zwölf Jahre soll der Papierkireg mit Denkmalschützern und Bauamt gedauert haben. Im Frührjar 2009 war es dann fertig.

Seither ist das Jazz Dock aus der Prager Szene nicht mehr wegzudenken. Die Einheimischen mögen den Club, weil er geschmackvoll ist, günstig und vom Programm her rein garnichts mit dem Prager Touristenjazz zu tun hat, der an der Národní und auf Moldaudampfern dudelt. Aus denselben Gründen lieben ihn auch die Touristen, zumindest die Individualisten und Musikfreunde unter ihnen. 

Wer das Jazz Dock am meisten liebt, sind aber die Musiker. Hier fühlen sie sich verstanden, zuhause, unter ihresgleichen. Technik, Toningenieure, Gin Tonic, alles gut.  Die einzige Ausnahme soll der weiße Petroff-Flügel sein. Ursprünglich war das gute Stück wohl schwarz, aber dem Innenarchiteklten passte das nicht, und weiße Flügel waren grad nicht auf Lager. Darum Lack abgekratzt, Farbe weg, weiß gestrichen und one, two, one two three. Normalohren höhren das nicht, Profis wohl schon.

Als das Hochwasser kam, hatte die Sängerin Marta Töpferová, Tochter eines tschechischen Vaters, eiiner amerikanischen Mutter und Liebling der New Yorker Latin-Community, eine Idee. Über Facebook rief sie zu einem Benefizkonzert fürs Jazz Dock auf, wo sie immer wieder auftritt, seit sie wieder in Tschechien lebt. Binnen weniger Stunden hatten sich Dutzende von Kollegen angeschlossen. Verzicht aufs Honorar, stat fixem Eintritt freiwillige Spende.

Gestern fand das Konzert in der Lucerna Music Bar statt. Ich weiß nicht, wieviel dabei in die Kasse kam. Erst recht nicht, ob die Einnahmen ein halbes oder hundertstel Prozent der Schäden im Jazz Dock abdecken werden. Der Initiative wünsche ich trotzdem Erfolg, schon allein für die Geste dahinter. Als Dank der Szene für Unterstützung, Verständnis, einen Fixpunkt mit guten Gigs und Partys. Und das Einlösen eines alten Versprechens: dass Prag eine Jazz-Metropole ist. (gp)

1

Seitenblick

www.metrotheatre.czwww.metrotheatre.cz | Urlaub mit Kindern, Kultur
Das Divadlo Metro ist ein traditionsreiches Schwarzes Theater im Prager Stadtzentrum. Es befindet sich in der Passage Metro an der Nationalstraße und spielt fast täglich. Derzeit hat es zwei nonverbale Stücke im Repertoire, die ohne Sprachbarriere und dabei für alle Generationen und Alterskategorien gleichermaßen unterhaltsam sind.
www.vicnezfilm.czwww.vicnezfilm.cz | Kultur, Kinos
National Theatre, The Royal Ballet, Tschechische Philharmonie: Nach dem Vorbild des erfolgreichen Projekts "Metropolitan Opera Live in HD" bringt der tschechische Filmverleih Aerofilms auch Theater- und Ballettvorstellungen sowie große Konzertereignisse in Direktübertragung in tschechische Kinos.

Auch interessant

Volltextsuche