Prag - Etliche europäische Ökonomen fordern die schrittweise Auflösung des Euro, darunter auch der Vizegouverneur der Tschechischen Nationalbank (ČNB), Mojmír Hampl. Das berichtete gestern die tschechische Nachrichtenagentur ČTK unter Berufung auf den Online-Dienst Deutsche Wirtschaftsnachrichten.
Hintergrund ist ein bereits am 24. Januar 2013 in Brüssel der Öffentlichkeit vorgestelltes Strategiepapier mit dem englischen Originaltitel European Solidarity Manifesto. Das damals von Alfred Steinherr, Hans-Olaf Henkel, Stefan Kawalec, Brigitte Granville und Claudio Borghi Aquilini präsentierte Manifest trägt inzwischen die Unterschriften von insgesamt 18 namhaften Ökonomen aus ganz Europa, darunter auch die des Tschechen Mojmír Hampl.
Als Lösung der Krise empfehlen die Unterzeichner eine Auflösung der Eurozone, wobei der Euro für eine Übergangszeit zwar erhalten bliebe. Ziel sei aber die schrittweise Rückkehr zu nationalen Währungen.
Die Verfasser des Manifests setzen sich für einen gemeinsamen geordneten Ausstieg der wettbewerbsstarken Länder aus der Eurozone ein. Aus ihrer Sicht wäre diese die einzige Lösung der andauernden Krise - und zwar sowohl für Nord- als auch Südeuropa.
Die Kernaussage der Wirtschaftsfachleute fassten gestern die Deutschen Wirtschaftsnachrichten wie folgt zusammen: "Die südlichen Länder der Eurozone sind in einer Rezession gefangen. Sie können ihre Währung nicht abwerten. Dadurch verkaufen sie weniger Produkte. Die nördlichen Länder müssen den Süden durch endlose Rettungspakete finanzieren. Im Süden droht der Ausbruch von schweren sozialen Unruhen. Im Norden verlieren die Menschen mit jedem Hilfspaket den Glauben an eine europäische Integration. Der Euro habe Europa nicht gestärkt, sondern gespalten."
Als Lösung empfehlen die Unterzeichner daher eine Segmentierung und Auflösung der Eurozone, wobei der Euro den wettbewerbsschwachen Ländern für eine Übergangszeit zwar erhalten bliebe. Ziel sei aber schließlich die Rückkehr zu nationalen Währungen oder Gemeinschaftswährungen für Gruppen von homogenen Staaten. Zudem rechnen die Verfasser damit, dass ein teilweiser Schuldenerlass für manche der südeuropäischen Länder nötig sein werde.
Anders als viele andere EU-Kritiker (wie etwa der ehemalige tschechische Staatspräsident Václav Klaus), wollen die Ökonomen nach eigenem Bekunden auf diese Weise ausdrücklich "die wichtigsten Errungenschaften der europäischen Integration" bewahren - und zwar "die Europäische Union und den gemeinsamen Markt".
Das Manifest wurde zuletzt erneut auf einer Veranstaltung am 23. September in Rom präsentiert. Der 38-jährige Mojmír Hampl (Foto) ist seit 2008 Vizegouverneur der Tschechischen Nationalbank. Seit 2008 vertritt er die ČNB zudem im Wirtschafts- und Finanzausschuss der EU sowie seit 2011 in der Regionalen Konsultationsgruppe Financial Stability Board. (nk)