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Christina Kettering

Christina Kettering, geboren 1980 in Werne, studierte von 2000 bis 2005 Prosa und Dramatik/Neue Medien am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig.

Im Anschluss an ihr Studium war sie als Dramaturgin an verschiedenen Theatern tätig. Sie organisierte Lesungen und Veranstaltungen in Köln und entwickelte Performances im öffentlichen Raum in Berlin-Kreuzberg.

STŘELECKÝ OSTROV

lauf deine runden, vorbei an verbotsschildern und jungen dohlen –
hopsenden schwarzen federbüscheln mit eisblauen augen.
trink keinen alkohol und konsumier keine drogen,
mach keine laute musik und versuch, dein tempo zu halten.
lass dich vom läufer mit dem nackten oberkörper überholen
ignorier den geruch nach gekipptem fluss –
der sommer ist zu heiß für angenehme düfte.

KARLŮV MOST

schau den booten nach, die arbeiter zum tanker befördern,
beobachte die vorbereitungen für den tauchgang,
und die braungelockte frau im herbstfarbenen sommerkleid:
sie lässt sich, die heiligenfiguren im hintergrund, ablichten
wie die bräute. an den bräutigam geschmiegt oder an einen sockel:
sie frieren im schulterfreien kleid.
(nicht im bild: familien, die mittrotten,
schlaftrunken und in jogginghose.)
grüß die zwei älteren herren, die genau wie du
für den weitgehend unverstellten anblick der brücke
so zeitig aufgestanden sind.

PETŘIN

geh über die brücke auf die kleinseite,
kauf schokoladeneis und lass es
auf deine hemdbluse tropfen.
mach den mann, dem an der kreuzung
ein kondom aus der hosentasche fällt,
darauf aufmerksam – oder
halte es für höflicher zu schweigen!

steig auf unmarkierten wegen
auf den petřin / dort auf dem boden
nur totholz, taschentücher
und die halbe schale eines vogeleis.

24.06.2019

Treffen in Karolinenthal mit Th. und M., mit denen ich vor zehn Jahren zusammen studiert habe und die jetzt in der Nähe von Budweis als freie Übersetzer leben. Ursprünglich wollen wir ins Kino in Lieben gehen, es läuft irgendeine alte Verfilmung von »Der Krieg mit den Molchen« aber wir verzetteln uns in dem Café, in der Nähe des Invalidenheims und verpassen die Metro, dann muss noch jeder auf Klo und weil das Café nur ein Klo hat, dauert das und dann beschließen wir kurzerhand einen Spaziergang durch die Stadt zu machen. Th. und M. sind eher zufällig in der Stadt.

09.06.19

Wollen uns am frühen Nachmittag mit Ondřej Cikán im Riegerpark treffen. Wir fahren mit der Metro bis Jiřího z Poděbrad und warten in der prallen Sonne vor der monströsen Kirche, die aber einen wunderschönen goldschimmernden Altar hat. Anouk und ich stellen uns an die Tür und schnuppern dem Weihrauchdurft nach, der aus dem kühlen Inneren der Kirche nach draußen drängt. Kurz darauf kommt auch Ondřej mir seiner Schwester Eliška und den Kindern an. Es herrscht enorme Hitze, trotzdem trägt er lange Hosen und feste Schuhe. Wir laufen in Richtung Park und kaufen unterwegs noch ein Eis.

08.06.19

Schreibe am Vormittag nicht am Roman, sondern an einem Essay über den Stadtteil Lieben, der mich schon seit längerem beschäftigt und baue einiges um: Zuerst habe ich ihn aus der Ich-Perspektive geschrieben, was mich zunehmend gelangweilt hat. Hatte dann spontan die Idee, den Text aus Karolines Perspektive auf mich zu erzählen und siehe da, ich kann die Zügel schießen lassen.

14.05.19

Frühstück. Anouk zur Schule bringen und auf dem Rückweg die Verabredung für Donnerstag organisieren. Mit einer Freundin deren Namen sie sich mal wieder nicht merken kann… Mittags: Gemüsepfanne mit Reis gemacht. Kurzer Mittagsschlaf. Dann nochmal an den Schreibtisch. Karo hat einen Termin beim Korrespondenten der ARD und fährt zum Studio auf die Kleinseite. Ich gehe nach einem kleinen Kaffeetrinken mit Joram los, um Anouk abzuholen. Kleiner Einkauf in Supermarkt in Ládví, Kartoffeln, Joghurt. Rückfahrt.

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