Prag - Vor rund 60.000 Fans trat am Sonntagabend auf dem zum Open-Air-Konzertgelände umgestalteten Flugplatz in Prag-Letňany die (ursprünglich) australische Hardrockband AC/DC auf.
Das Konzert im Rahmen der "Rock Or Bust Worldtour 2016" wurde im Vorfeld als eines der Top-Events im diesjährigen Prager Konzertkalender gehandelt.
Viele Fans erwarteten den Auftritt sicherlich nicht nur mit Spannung, sondern auch mit einer großen Portion Skepsis vor dem Hintergrund, dass die Band für die Tour kurzfristig ihren Sänger austauschen musste: Der gegen die drohende Taubheit ankämpfende Brian Johnson wurde ersetzt durch den Guns N’ Roses-Frontmann Axl Rose.
Dementsprechend widmeten auch die Musikkritiker der neuen Konstellation und der Leistung von Axl Rose bei dem Prager Open Air besondere Aufmerksamkeit.
Eine klare Meinung hat der Rezensent der großen Tageszeitung Mladá fronta Dnes, Václav Hnátek: "Axl Rose hat bei AC/DC keinen Schaden angerichtet", so das Urteil des Kritikers. Denn: "Im Grunde passierte nichts, für das man Rose hätte tadeln können. Er kreischte wie eine Kreissäge, und das Konzert begann sogar trotz ihm nicht mit Verspätung. Er benahm sich wie ein Gast und das manchmal vielleicht sogar zu sehr."
Ähnlich sieht es der Kritiker des Online-Dienstes Novinky.cz, Jaroslav Špulák, der sich nach dem Prager Konzert überzeugt zeigt, das Axl Rose das Zeug zum Sänger von AC/DC habe. "Er war verlässlich, verzichtete auf einige seiner Allüren, kurzum er arbeitete für die Band und nahm die Rolle eines ihrer Mitglieder an. Im Hinblick auf sein etwas schwieriges Naturell hingen Befürchtungen in der Luft, dass er sich die ganze Show sozusagen aneignen könne."
Derartige Befürchtungen bewahrheiteten sich jedoch nicht: "Axl überschritt nie die Grenze seiner Rolle. Demütig ließ er die Hauptpersönlichkeit auf der Bühne Angus Young sein und der, offensichtlich ganz in seiner Haut, präsentierte sich mit den Gitarrenriffs so, als wäre er nicht 61, sondern ein paar Jahrzehnte jünger", so Špulák.
Sowohl der Kritiker der Mladá fronta Dnes als auch der von Novinky.cz sind sich in ihrem Gesamturteil einig, nämlich dass AC/DC auch in der Konstellation mit Ersatzmann Axl Rose ein solide Leistung absolviert hätten, die wohl kaum einen Fan enttäuscht habe.
Während des zweistündigen Konzerts spielte die Band ihre größten Nummern, wobei einige nur selten oder seit Langem gar nicht mehr vorgetragene Stücke dabei waren, wie das zuletzt 2009 live gespielte "Dog Eat Dog" (Video) oder das als Zugabe gegebene "Touch Too Much", das Fans zuletzt 1979 live hören konnten.
Gesamtbewertung des Konzerts nach Kritikermeinung: 80 Prozent (Václav Hnátek, Mladá fronta Dnes) und 85 Prozent (Jaroslav Špulák, Novinky.cz), eine Prozentzahl, die selten erreicht wird bei den Rezensenten. AC/DC-Fans in Deutschland können also den bevorstehenden Konzerten getrost mit Vorfreude entgegensehen. (nk)