Prag - Haben Sie ein kleines Wehwehchen, plagt Sie das Zipperlein oder benötigen Sie einen kleinen Aufheller für ihr Gemüt? Für jede Pille gibt es ein Leiden, für jede Erfüllung einen Wunsch.
Marek Schovánek setzt sich mit seinen Objekten mit den Heilsversprechen der Pharma-Industrie auseinander. Eine großflächige Wand besprenkelt er mit täuschend echt aussehenden Pillen und Tabletten in den gängigen Formen und Farben, der Betrachter greift automatisch danach wie das Kind nach den Smarties, doch Vorsicht! Sie sind zu groß zum Verschlucken und außerdem – aus Holz.
Pharmatopia ist die Installation betitelt, die Utopie der pharmazeutischen Produkte. Den Objekten sind Symbole eingeprägt, Totenkopf, Ying und Yang, Hakenkreuz, Hammer und Sichel oder das Anarchiezeichen. Anderen sind die Schlagwörter aufgeprägt, mit denen die Welthilfssprache Englisch unsere Empfindungen einteilt: Trust, Love, Desire etc. Dazwischen hängen sechs gläserne Zäpfchen, in denen die Fahnen der USA, der EU oder Deutschlands eingerollt sind.
Die Ausstellung hat ein Anliegen, sie findet im Rahmen einer Projektreihe unter dem Titel Museo Mundial statt. Darin setzen sich Künstler und Organisationen mit den von der UNO 2000 gesteckten Entwicklungszielen auseinander. Die Projektanten von Pharmatopia, Tomáš Tožička und Milan Kreuzieger, weisen darauf hin, dass es in den ärmsten Ländern der Welt nach wie vor an den einfachsten und nötigsten Medikamenten fehlt, unter anderem wegen Lizenzfragen der Pharma-Industrie.
Ausstellungen mit hehren Anliegen leiden mitunter an dem Engagement, das auf Kosten des künstlerischen Ausdrucks geht. Pharmatopia ist erfrischend anders. Die Objekte Marek Schováneks sind keine Botschaften, sondern Kunst, vordergründig einfache Kunst. Sie schmeicheln dem Auge mit ihrer leuchtenden Farbenpracht. Sie stellen dem Betrachter keine Fragen und geben keine Antworten, sondern verweisen ihn auf sich selbst, auf den eigenen Umgang mit den künstlichen Heilsversprechen.
Marek Schovánek, kanado-tschechischer Künstler mit Hauptwohnsitz in Berlin, ist kein Unbekannter in seiner Geburtsstadt Prag, wo er immer wieder Teile seines Werks präsentiert. Diesmal schmücken seine Objekte zwei Monate lang eine Wand im DOX, der progressivsten unabhängigen Galerie der Stadt.