Als ich an einem Wochenende aus der U-Bahn-Station die Rolltreppe zur Halle des Hauptbahnhofs hinauf fuhr, hörte ich Jazz-Musik. Oben angekommen, sah ich die Band. Um die jungen Musiker hatte sich eine breite Traube von Zuhörern gebildet. Teenager waren ebenso vertreten wie Angehörige der Generation Grauhaar. Die Leute gingen begeistert mit. Manche wippten mit den Füßen, einige begannen zu tanzen. Die Band nannte sich „Cactus Madness.“
Bahnhöfe sind öffentliche Orte besonderer Art. Sie bieten eine eigene Lebenswelt. Hastende Reisende kontrastieren mit Menschen, die warten können oder warten müssen. Szenen von Geschäftigkeit wechseln mit Bildern der Ruhe, etwa wenn jemand, ein Buch lesend, auf einer Bank sitzt und den Trubel um sich herum kaum wahrnimmt. Bahnhöfe sind - ebenso wie Flughäfen - Schauplätze von Abschied und Wiedersehen, von Wehmut und Freude, von kleinen und großen Auftritten. Hauptstädtische Bahnhöfe stehen für Mobilität und Urbanität. Aber zugleich haftet ihnen trotz ihrer technisch hoch gerüsteten Ausstattung etwas Altmodisches an.