Der Autor

Gerd Lemke, Jahrgang 1969, lehrte als Lektor für Germanistik an der Karls-Universität in Prag und lebt dem eigenen Empfinden nach eigentlich schon zu lange in der tschechischen Hauptstadt. Nach einem zweijährigen Auslandsaufenthalt im Kosovo kehrte er dennoch freiwillig zum "Mütterchen mit den Krallen" an die Moldau zurück.

Seinen Geburtstag teilt er mit dem Europameister von 1980, Karl-Heinz Förster. Er ist leidenschaftlicher Literat, glaubt wie Albert Camus, alles im Leben durch das Fußballspiel gelernt zu haben, hat aber im Gegensatz zum großen Existenzialisten nur ein einziges Spiel als Torwart bestritten. Ansonsten tritt er regelmäßig für Partisan Prague gegen das Leder und trifft als stellungssicherer Verteidiger auch schon mal das eine oder andere Schienbein. Für sein Lieblingsteam, die sporadische Zusammenkunft Umělecká Letná, hilft er gerne und treffsicher im Sturm aus.

Im Jahr 2006 hatte er bereits das Sommermärchen in Deutschland und und seit dem alle zwei Jahre die großen Fußballtourniere von Prag aus beobachtet und kommentiert, mit einer täglichen Kolumne für Tschechien Online.

Für prag aktuell ist er bei der Fußball-EM 2024 in Deutschland wieder hart am Ball, wenn es um Tricks, Täuschungen und Taktik im weiteren Sinn geht: Sportsfreund Gerd Lemke.

Im Internet: FacebookFacebook

Weitere Einträge

Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag (15): Gerd Lemke schafft gerade noch das letzte Tor des Turniers
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag (14): Gerd Lemke sieht das zweite Halbfinale zu Hause
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag (13): Gerd Lemke wagt sich ins öffentliche Schauen
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag (12): Gerd Lemke schaut auch nach dem Aus der deutschen Mannschaft weiter Eh-Emm
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag (11): Deutlicher geht es nicht mehr, findet Gerd Lemke
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag (10): Gerd Lemke schaut den zweiten Teil des Achtelfinales
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag (9): Deutschland kommt weiter, Gerd Lemke regt sich aber trotzdem auf
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag (8): Ganz großes Kino sieht Gerd Lemke beim Überlebenskampf Tschechiens
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag (7): Gerd Lemke liest und schaut Österreich -Niederlande 3:2 sowie Serbien – Dänemark 0:0
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag (6): Gerd Lemke freut sich über einen freien Montagnachmittag
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag (5): Gerd Lemke sieht erstes Spiel Deutschlands zeitgleich und wünscht Schotttland eine baldige Heimreise
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag (4): Von England – Dänemark 1:1 bis Belgien – Rumänien 2:0 verpasst Gerd Lemke nur das Spitzenspiel Frankreich – Niederland 0:0
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag (3): Albanien – Kroatien 2:2, Ungarn – Deutschland 0:2, Schottland – Schweiz 1:1 verhackstückt und grundsätzlich auf Ästhetik abgeklopft von Gerd Lemke
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag (2): Frankreich – Österreich 1:0, Georgien – Türkei 1:3, Portugal – Tschechien verleiten Gerd Lemke zu grundsätzlichen Gedanken
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag (1): Das erste Wochenende der Eh-Em kompakt und den Montag als Bonus dazu
Gerd Lemkes WM-Kolumne aus Prag (9): Finale
WM-Kolumne aus Prag (8): Bitte nicht das Spiel um Platz drei abschaffen! Das sind die schönsten Momente der WM, findet Gerd Lemke
Gerd Lemkes WM-Kolumne aus Prag (7): Halbfinale
Gerd Lemkes WM-Kolumne aus Prag (6): Nach Messis Argentinien schafft auch Mbappés Frankreich den Sprung ins Halbfinale.
Gerd Lemkes WM-Kolumne aus Prag (5): Messi macht's und Brasilien scheitert an seiner Naivität
Gerd Lemkes WM-Kolumne aus Prag (4): Achtelfinale: Bis auf Spanien setzen sich alle Favoriten durch. Die wenigen Fußballfans in Deutschland, die noch die WM verfolgen, dürften das mit Genugtuung quittieren.
Gerde Lemkes WM-Kolumne aus Prag (3): Favoritensiege im Achtelfinale, 1. Teil: NL – USA 3:1; ARG – AUS 2:1
Gerd Lemkes WM-Kolumne aus Prag (2): Dramen des Vorrundenendes
Gerd Lemkes WM-Kolumne aus Prag (1): Deutschland scheidet bei der Fußball WM wieder in der Vorrunde aus. Einige aufmunternde Worte zum Abschied.
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag – Berichte, Analysen, Einwürfe aus der Hauptstadt des Geheimfavoriten von 2004
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag – Berichte, Analysen, Einwürfe aus der Hauptstadt des Geheimfavoriten von 2004
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag – Berichte, Analysen, Einwürfe aus der Hauptstadt des Geheimfavoriten von 2004
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag – Berichte, Analysen, Einwürfe aus der Hauptstadt des Geheimfavoriten von 2004
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag (15) – Berichte, Analysen, Einwürfe aus der Hauptstadt des Geheimfavoriten von 2004
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag (14) – Berichte, Analysen, Einwürfe aus der Hauptstadt des Geheimfavoriten von 2004
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag (13) – Berichte, Analysen, Einwürfe aus der Hauptstadt des Geheimfavoriten von 2004
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag (12) – Berichte, Analysen, Einwürfe aus der Hauptstadt des Geheimfavoriten von 2004
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag (11) – Berichte, Analysen, Einwürfe aus der Hauptstadt des Geheimfavoriten von 2004
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag (10) – Berichte, Analysen, Einwürfe aus der Hauptstadt des Geheimfavoriten von 2004
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag (9) – Berichte, Analysen, Einwürfe aus der Hauptstadt des Geheimfavoriten von 2004
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag (8) – Berichte, Analysen, Einwürfe aus der Hauptstadt des Geheimfavoriten von 2004
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag (7) – Berichte, Analysen, Einwürfe aus der Hauptstadt des Geheimfavoriten von 2004
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag (6) – Berichte, Analysen, Einwürfe aus der Hauptstadt des Geheimfavoriten von 2004
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag (5) – Berichte, Analysen, Einwürfe aus der Hauptstadt des Geheimfavoriten von 2004
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag (4) – Berichte, Analysen, Einwürfe aus der Hauptstadt des Geheimfavoriten von 2004
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag (3) – Berichte, Analysen, Einwürfe aus der Hauptstadt des Geheimfavoriten von 2004
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag (2) – Berichte, Analysen, Einwürfe aus der Hauptstadt des Geheimfavoriten von 2004
Gerd Lemkes EM-Kolumne aus Prag (1) - Berichte, Analysen, Einwürfe aus der Hauptstadt des Geheimfavoriten von 2004
WM-Kolumne aus Prag: Halbfinale: Frankreich – Belgien 1:0, England – Kroatien 1:2 n.V., kleines Finale: Belgien – England 2:0, großes Finale: Frankreich – Kroatien 4:2
WM-Kolumne aus Prag: Viertelfinale: Frankreich – Uruguay 2:0, Belgien – Brasilien 2:1, England – Schweden 2:0, Kroatien – Russland 2:2 n.V., 4:3 i.E.
Achtelfinale 3+4: Brasilien – Mexiko 2:0. Belgien – Japan 3:2; Schweden – Schweiz 1:0, England – Kolumbien 1:1 n.V. 4:3 i.E.
Russland – Spanien 1:1 n.V., 4:3 i.E., Kroatien – Dänemark 1:1 n.V., 3:2 i.E.
WM-Kolumne aus Prag: Frankreich – Argentinien 4:3, Uruguay – Portugal 2:1
WM-Kolumne aus Prag: F – DK 0:0, Peru – Australien 2:0, Argentinien – Nigeria 2:1, HR – IS 2:1, D – Südkorea 0:2, S – Mexiko 3:0, Brasilien – SRB 2:0, Costa Rica – CH 2:2, PL – Japan 1:0, Senegal – Kolumbien 0:1, England – BE 0:1, Tunesien – Panama 2:1
WM-Kolumne aus Prag: Russland – Uruguay 0:3, Ägypten – Saudi Arabien 1:2, Spanien – Marokko 2:2, Iran – Portugal 1:1
WM-Kolumne aus Prag: England – Panama 6:1, Japan – Senegal 2:2, Polen – Kolumbien 0:3
WM-Kolumne aus Prag: Belgien – Tunesien 5:2, Südkorea – Mexiko 1:2, Deutschland – Schweden 2:1
WM-Kolumne aus Prag: Dänemark – Australien 1:1, Frankreich – Peru 1:0, Argentinien – Kroatien 0:3
WM-Kolumne aus Prag: Kolumbien – Japan 1:2, Polen – Senegal 1:2, Russland – Ägypten 3:1
WM-Kolumne aus Prag: Schweden – Südkorea 1:0, Belgien – Panama 3:0, England – Tunesien 2:1
WM-Kolumne aus Prag: Serbien – Costa Rica 1:0, Deutschland – Mexiko 0:1, Brasilien – Schweiz 1:1
Frankreich – Portugal 0:1 n.V.
Frankreich – Deutschland 2:0
Portugal – Wales 2:0
Frankreich – Island 5:2
Deutschland – Italien 1:1 n.V., x:x-1 i.E.
Wales – Belgien 3:1
Polen – Portugal 1:1 n.V., 3:5 i. E.
Spanien – Italien 0:2, England – Island 1:2
Frankreich – Irland 2:1, Deutschland – Slowakei 3:0, Ungarn – Belgien 0:4
Polen – Schweiz 1:1 n.V., 5:4 i.E., Wales – Nordirland 1:0, Kroatien – Portugal 0:1 n.V.
Portugal – Ungarn 3:3, Österreich – Island 1:2, Irland – Italien 1:0, Schweden – Belgien 0:1
England – Slowakei 0:0, Russland – Wales 0:3
Albanien – Rumänien 1:0, Frankreich – Schweiz 0:0
Schweden – Italien 0:1, Tschechien – Kroatien 2:2, Spanien – Türkei 3:0 | Irland – Belgien 0:3, Ungarn – Island 1:1, Österreich – Portugal 0:0
England – Wales 2:1, Nordirland – Ukraine 2:0, Deutschland – Polen 0:0
Slowakei – Russland 2:1, Rumänien – Schweiz 1:1, Frankreich – Albanien 2:0
Österreich – Ungarn 2:0, Portugal – Island 1:1
Spanien – Tschechien 1:0, Irland – Schweden 1:1, Italien – Belgien 2:0.
Kroatien – Türkei 1:0, Nordirland – Polen 0:1, Deutschland – Ukraine 2:0
Albanien – Schweiz 0:1 (reimt sich sogar), Wales – Slowakei 2:1 und England – Russland 1:1. Alle gesehen von Gerd Lemke.
France – Romania 2:1
Tag 25: Finale: Deutschland – Argentinien 1:0 n.V.
Tag 24: Kleines Finale: Holland – Brasilien 3:0
Tag 23: Halbfinale: Argentinien – Holland 4:2 i. E.
Tag 22: Halbfinale: Brasilien – Deutschland 1:7
Tag 21: Viertelfinale: Argentinien – Belgien 1:0, Holland – Costa Rica 4:2 i. E.
Tag 20: Viertelfinale: Deutschland – Frankreich 1:0, Brasilien – Kolumbien 2:1
Tag 19: Achtelfinale: Argentinien – Schweiz 1:0 n.V., Belgien – USA 2:1 n.V.
Tag 18: Achtelfinale: Frankreich – Nigeria 2:0, Deutschland – Algerien 2:1 n. V.
Tag 17: Achtelfinale: Holland – Mexiko 2:1, Costa Rica – Griechenland 6:4 i. E.
Tag 16: Achtelfinale: Brasilien – Chile 4:3 i.E., Kolumbien – Uruguay 2:0
Tag 15: Deutschland – USA 1:0, Portugal – Ghana 2:1, Algerien – Russland 1:1, Belgien – Südkorea 1:0
Tag 14: Argentinien – Nigeria 3:2, Bosnien und Herzegowina – Japan 3:1, Frankreich – Ecuador 0:0, Schweiz – Honduras 3:0
Tag 13: Uruguay – Italien 1:0, Costa Rica – England 0:0, Griechenland – Elfenbeinküste 2:1, Kolumbien – Japan 4:1
Tag 12: Holland – Chile 2:0, Spanien – Australien 3:0, Mexiko – Kroatien 3:1, Brasilien – Kamerun 4:1
Tag 11: Belgien – Russland 1:0, Algerien – Südkorea 4:2, USA – Portugal unentschieden
Tag 10: Argentinien – Iran 1:0, Ghana – Deutschland 2:2, Nigeria – Bosnien und Herzegowina 1:0
Tag 9: Costa Rica – Italien 1:0, Frankreich – Schweiz 6 (oder waren es doch nur 5?) :2, Ecuador – Honduras 2:1
Tag 8: Kolumbien – Elfenbeinküste 2:1, Uruguay – England 2:1, Griechenland – Japan 0:0
Tag 7: Holland – Australien 3:2, Chile – Spanien 2:0, Kroatien – Kamerun 4:0
Tag 6: Belgien – Algerien 2:1, Brasilien – Mexiko 0:0, Russland – Südkorea 1:1
Tag 5: Deutschland – Portugal 4:0, Nigeria – Iran 0:0, USA – Ghana 2:1
Tag 4: Schweiz – Ecuador 2:1, Frankreich – Honduras 3:0, Argentinien – Bosnien und Herzegowina 2:1
Tag 3: Kolumbien – Griechenland 3:0, Costa Rica – Uruguay 3:1, Italien – England 2:1, Elfenbeinküste – Japan 2:1
Tag 2: Mexiko – Kamerun 1:0, Holland – Spanien 5:1, Chile – Australien 3:1
Tag 1: Brasilien – Kroatien 3:1
Gerd Lemkes WM-Tagebuch: Viertelfinale England - Portugal, Frankreich - Brasilien

Blog

| Gerd Lemke | Rubrik: Fußball | 22.6.2016

Tschechiens artfremder Fußball

Deutschland – Nordirland 1:0, Polen – Ukraine 1:0, Tschechien – Türkei 0:2, Spanien – Kroatien beim Stande von 1:2 nicht weiter verfolgt

Am Morgen lasse ich mir ausgiebig die Ereignisse von St. Etienne erzählen. Einer meiner Schüler kommt frisch aus Frankreichs Westen zurück. Die Atmosphäre war Klasse, höre ich. Das Spiel – na ja, die Tschechen eine Stunde lang ziemlich schlecht. Nur defensiv, nur reagierend, voller Angst. Mausetot, bringe ich ihm bei. Das waren sie. Mausetot. Doch dann standen sie wie aus dem Nichts wieder auf, unerklärlich. Mich interessieren die Sicherheitsvorkehrungen um das Stadion. Nicht übermäßig, normal. So gelang es auch einer kroatischen Fangruppe, eine Rauchbombe, bengalisches Feuer oder einen Brandsatz mit ins Stadion zu schmuggeln. Sehen konnte mein Schüler nicht genau, was passierte, er saß ziemlich weit weg von dieser Kurve, wo sich kroatische Fans untereinander prügelten. „Ich glaube, unserer Mannschaft hat die Unterbrechung eher geholfen.“ Bei der Aktion sei es um einen Protest gegen die korrupte Verbandsspitze gegangen, hatten die Kroaten später erklärt. Die Polizei habe bei der innerkroatischen Schlägerei nur zögerlich eingegriffen. Ein erhebender Moment war Rosickýs Abschied vor der Kurve. „So, wie er dort zu den Fans geklatscht hat, war uns klar, dass es sein Abschied war.“ Vom Turnier vorerst, was mit dem vielverletzten Mann weiter geschieht, ist offen.

Bestens vorbereitet und gebrieft

So, ich bin also bestens vorbereitet auf das entscheidende tschechische Spiel am Abend, in dem einzig ein Sieg weiterhilft. Doch zunächst betrachte ich noch die Vorspiele, Deutschland verschärftes Torschusstraining gegen Nordirland und Polens Sieg gegen die Ukraine. Dazu begebe ich mich ins Rieger-Park-Stadion, in dem übrigens kein Alkoholverbot herrscht. Schweinefleisch wird ebenfalls ohne besondere Kennzeichnung ausgegeben, auf Wunsch kann man sich auch andere Speisen kommen lassen, welche die Spieler gewöhnlich noch in der Kabine nach dem Spiel zu sich nehmen.

Schaue in Begleitung

Treffe den co-Autor vom zweiten tschechischen Spiel und Jung-Taxi-Unternehmer. Über das deutsche Spiel gibt es nicht allzu viel zu sagen. Jogi Löw hat Torschusstraining angeordnet und seine Offensivabteilung schießt auch in schöner Regelmäßigkeit auf den nordirischen Kasten, an denselben oder auf den Torwart. Mit Kimmich spielt diesmal ein offensiv denkender Spieler auf der rechten Außenbahn, Gomez sorgt für Wucht und Lufthoheit im Fünfmeterraum, Götze für Beweglichkeit und Müller für Verwirrung. Die Atmosphäre all der angereisten deutschen Schlachtenbummler ist so entspannt, dass sich keiner groß an den teils absurd vergebenen Großchancen stört. Nach einer halben Stunde trifft Gomez auch mal ins Tor, nachdem Müller vor dem Fünfer mit dem Ball quer gelaufen ist und die gesamte Abwehr samt Torwächter dadurch aufgerissen hat und klug auf den Torjäger schlechthin abgelegt hat. Irre, wenn Gomez spielt, trifft er. Warum manche Trainer ihn dann nicht spielen lassen, ist irgendwie eine Geheimwissenschaft.

Polen erfüllen die Pflicht

Polen schießt auch mal ein Tor, ich erkenne ein bekanntes Gesicht aus Dortmund als Torschützen. Doch auf dem Nebenschauplatz tut sich nicht viel, die Fans haben wenig Grund sich aufzuregen. Für die Ukraine ist das Turnier damit beendet. Na ja, ohne ein einziges Tor zu schießen schafft es halt nur Italien weiterzukommen. Und diese Zeiten sind auch schon etwas her.

Irgendwann schaltet die deutsche Mannschaft in den Freundschaftsspielmodus um. Sie spielen gepflegten Handball, nur eben mit dem Fuß, immer um den Kreis herum, bis sich eine gute Schuss- oder Flankenmöglichkeit bietet. Nordirland hat sich bereits ausgerechnet, dass man dieses knappe Ergebnis nur zu halten braucht, das reicht dann, um vor Albanien zu bleiben. Damit sind die Chancen auf ein Weiterkommen höchst realistisch. Und irgendwie kommen die in grüne gekleideten Herren aus Großbritannien damit tatsächlich durch. Irre, das Spiel hätte leicht 7:0 enden können. Mit beiden Ergebnissen sind auch die letzten Zweifel verscheucht, die Slowakei ist weiter dabei.

Dichte Atmosphäre

Dann wird es immer enger im Stadion, die Fans bereiten sich auf das tschechische Spiel vor. Wir, der Taxi-Jungunternehmer und ich, kleben an unseren Stühlen. Neben mir taucht ein traditionell gekleideter älterer Herr auf. Die Spannung steigt, von einem Tisch aus verteilt eine den tschechischen Fußball fördernde Brauerei Fan-Shirts mit einem klaffenden Löwenmaul, wahlweise in rot (eine der drei Nationalfarben) oder in Trauer-schwarz. Die Atmosphäre ist gut, die Fans gehen mit, Trainer Vrba hat seine Mannschaft offensiv aufs Feld geschickt. Tschechien versucht tatsächlich das Spiel aufzuziehen, es sieht wie moderner europäischer Fußball aus. Kein Angsthasenfußball sondern Torchancen, die Fans honorieren es, dass ihr Team sie diesmal unterhalten und nicht foltern will.

Dem älteren Herrn gehen die Nerven durch. Er putzt eine jüngere Person ordentlich herunter, die ihn hat warten lassen. Den Grund dafür kann ich nicht herausbekommen, vielleicht handelt es sich um eine Übersprungshandlung, denn die Türken schließen einen sauber kombinierten Angriff erfolgreich ab. Einige tschechische Fans honorieren diesen spielerischen Höhepunkt sogar. Es ist natürlich nicht angenehm, dem Rückstand hinterherzulaufen, denn es muss ja bekanntlich ein Sieg her. Doch der Abend ist angenehm und es ist ja nur Fußball und nicht Eishockey.

Türkei hofft

Die Osmanen, die sich nur dank eines winzigen Ausläufers Kleinasiens auf der westlichen Seite der Dardanellen und des Bosporus in Europa befinden, bekommen dank des zweiten Tores wieder festen Boden unter die Fußballwerkzeuge bei dieser EURO. Aus spitzem Winkel, wenn auch aus kurzer Entfernung feuert ein Türke das Leder, das aus Kunststoff ist, kompromisslos über Čech ins Netz. Der bekommt noch nicht mal mehr die Hände hoch um sich zu ergeben. Ein Grüppchen Türken hat die Stehplätze um den Grill fest in die Hand genommen und skandiert begeistert. Sollten die alten Fußballregeln gelten, hätte sich damit auch die Türkei vor Albanien geschoben und darf hoffen. Nordirland ist damit durch und sicherlich ein willkommener Achtelfinalgegner für jeden Gruppensieger.

Mein Mit-Zuschauer, der Jung-Taxiunternehmer, erklärt mir, er möge keine Dramen und habe bereits ein Taxi bestellt. Wir verlassen dass Geschehen kurz vor Schluss und erfahren nicht, ob es noch zu unschönen Szenen gekommen ist. Wir erfahren auch reichlich wenig über das Parallelspiel, das kurz vor Schluss auf einen überraschenden Sieg Kroatiens zusteuert.

An diesem Abend nehmen wir noch Kurs auf eine nachbarschaftliche Begegnungsstätte in unserem Wohnquartier, wo wir aber das Thema Fußball pietätvoll vermeiden. Ein Russe möchte uns zu einem Konzert am folgenden Tag im russischen Kulturzentrum überreden. Auch er umgeht das Thema Fußball nonchalant.

Fassen wir vor dem Ende der Vorrundenfolter mal zusammen. Raus sind Rumänien (zwei Tore durch Elfmeter), Russland (u.a. 0:3 gegen Wales), die Ukraine (ohne Torerfolg) und Tschechien (Niederlage gegen die Türkei nach artfremdem Fußball). Hoffen dürfen noch die Türken und Albaner. Schließlich spielen noch Schweden (kein Torschuss) und Irland einen Gruppendritten aus. Da ich mir absolut nicht vorstellen kann, dass Belgien gegen Schweden verliert und Irland mehr als ein Unentschieden gegen Italien holt, sehe ich dort den schlechtesten Dritten. Dann schließt noch die Portugal-Ungarn-Österreich-Island-Gruppe das Geschehen ab. Die Tabellensituation ist komplizierter. Ungarn hat vier Punkte, Portugal und Island haben zwei, Österreich einen. Ungarn ist auf jeden Fall weiter, nur von welcher Position ist unklar. Ein Unentschieden bringen Island und Portugal ebenfalls sicher weiter, Österreich kann sich durch einen Sieg auch noch qualifizieren. Wenn das alles durchgestanden oder ausgesessen ist, dann endlich kann man sich mit den Achtelfinalspielen beschäftigen.

Treffe am folgenden Morgen einen Bekannten auf der Straße, der mir seine interessante Sicht der Dinge erklärt. Er ist von der Qualität des tschechischen Spiels enttäuscht, zu viele Abspielfehler und dergleichen. Ich wende ein, dass seine Mannschaft doch endlich mal Fußball versucht hat, das war doch positiv. Wenn auch natürlich artfremd. Ja, artfremd, das fasst das böhmisch-mährische Eh Emm-Desaster am besten zusammen. So habe man das Spiel gegen die Türkei aufgefasst.    

Auch interessant