Prag - Drei Tage nach den Parlamentswahlen in Tschechien gehen die Sondierungsgespräche um eine Regierungsbildung in Prag in die nächste Runde.
Staatspräsident Miloš Zeman kündigte an, den Milliardär Andrej Babiš am Dienstag der kommenden Woche offiziell mit der Regierungsbildung zu betrauen.
Andrej Babiš wiederum bedankte sich mit der Ankündigung, seine Bewegung ANO werde bei den Präsidentschaftswahlen im Januar 2018 keinen Gegenkandidaten gegen den sich um eine zweite Amtszeit bewerbenden Miloš Zeman aufzustellen.
Während sich der Wahlsieger Babiš bemüht, eine Regierungskoalition und Parlamentsmehrheit unter seiner Führung zu schmieden, zeigen ihm die möglichen Koalitionspartner bislang die kalte Schulter. Heute erklärte das Exekutivkomittee der umworbenen ODS, die Bürgerlichen Demokraten würden mit ANO keine Koalitionsverhandlungen führen und auch nicht über die Tolerierung einer Minderheitsregierung verhandeln.
Auch der Parteivorsitzende der konservativen TOP 09 Miroslav Kalousek sagte, seine Partei stünde für eine Koalition mit Andrej Babiš nicht zur Verfügung.
Wer erhält Vorsitz des Abgeordnetenhauses?
Neben der Frage der Regierungsbildung geht es bei den Verhandlungen und Sondierungen derzeit auch um die Frage, wer zum Vorsitzenden des Prager Abgeordnetenhauses gewählt werden wird.
Während ODS-Chef Petr Fiala (Foto) als Vorsitzender der zweitstärksten Partei im Parlament Anspruch auf den in Tschechien traditionell strategisch sehr wichtigen Posten erhebt, lehnt Andrej Babiš das ab. Mit Verweis auf den haushohen Wahlsieg seiner Bewegung sagte Babiš, er sehe keinen Grund dafür, dass ANO auf den Posten freiwillig verzichten solle.
Babiš hatte mit seiner Bewegung ANO knapp 30 Prozent Stimmenanteil eingefahren, 18 Prozent mehr als die zweistärkste ODS. Im Abgeordnetenhaus, dem Unterhaus des tschechischen Parlaments, sind insgesamt neun Parteien vertreten, die ANO-Fraktion verfügt dort künftig über 78 der 200 Sitze. Zusammen mit der ODS hätte Babiš also eine knappe Parlamentsmehrheit.
Die konstituierende Sitzung des Abgeordnetenhauses wurde von Staatspräsident Miloš Zeman heute für den 20. November zusammengerufen. (nk)