Prag - Einer dieser Tage veröffentlichten Studie zufolge liegen die Tschechen weltweit an vierter Stelle in Sachen Marihuanakonsum. Das ist das Ergebnis einer Umfrage, die von der amerikanischen Firma Recovery Brands durchgeführt wurde. Das Unternehmen befasst sich mit der Entwöhnung von Drogen.
Die Teilnehmer der Umfrage sollten angeben, ob sie Marihuana konsumieren. Anschließend wurde international der Anteil der Marihuanakonsumenten an der Gesamtzahl der befragten Erwachsenen verglichen. Übertroffen werden die Tschechen mit einem Anteil von 9,2 Prozent Marihuanakonsumenten dabei nur von Island (18,3 Prozent), den USA (14,8 Prozent) und Spanien (9,6 Prozent).
Obwohl die so ermittelten Zahlen nichts über die Menge und Häufigkeit des Genusses von Drogen aussagen (gefragt wurde nur danach, ob die Befragten im vergangenen Jahr mindestens einmal Marihuana konsumiert haben), sollte die Studie Anlass zur Sorge geben.
Das jedenfalls meint Jaromír Badin, ein Experte der tschechischen Antidrogenpolizei. Denn, so warnt Badin gegenüber dem Online-Dienst Novinky.cz: Die angeblich "weiche Droge" sei - zumindest in Tschechien - heute gar nicht mehr weich und habe mit einem "Naturprodukt", als das Kiffer sich ihr Rauschmittel gerne schöndenken, kaum noch etwas gemein.
"Das, was in den 60er Jahren geraucht wurde, enthielt etwa zwei bis drei Prozent Delta-9-THC und war fast ohne Chemie. Als in Tschechien in den 90er Jahren erstmals Gras mit sieben Prozent Wirkstoff auftauchte, haben sie mir im Labor gesagt, das sei eben aus Holland. Heute ist es in der Praxis aber völlig normal, dass das Marihuana 25 Prozent Delta-9-THC enthält", so Jaromír Badin.
Der Grund dafür sei, dass das Gras heute nicht mehr unter freiem Himmel, sondern in Indoor-Plantagen (Foto) angebaut wird. Das Ganze sei eine Wissenschaft für sich und dabei knallhartes Geschäft: "Die illegalen Großzüchter kaufen in Growshops feminisierte Samen, damit sie nur weibliche Pflanzen erhalten. Sie haben ein genaues Regime der Beleuchtung und in die Pflanzen kippen sie furchtbare Mengen Chemie. Da kommt wirklich ekelhaftes Zeug an die Pflanzen", konstatiert der Drogenexperte.
Welche Wirkung die hochgezüchteten Pflanzen bei dem Konsumenten hervorrufen, sei dabei inzwischen kaum noch vorhersehbar. Insbesondere in Verbindung mit Alkoholkonsum oder Genuss anderer Drogen komme es immer öfter zu Schockreaktionen der Konsumenten: "Die beginnen sich auszuziehen, werden aggressiv und greifen Freunde und Verwandte an oder durchlaufen schwere Halluzinationszustände, die bei ihnen die Lust hervorrufen, Selbstmord zu begehen", beschreibt Badin Fälle aus seiner polizeilichen Praxis.
Noch übertroffen werde das Marihuana in seiner Unberechenbarkeit allerdings von den Designerdrogen, deren Wirkung meist vollkommen unvorhersehbar sei. Tröstlich aus polizeilicher Sicht: In Tschechien sind die synthetischen Drogen aus dem Chemielabor bislang noch nicht zu einem größeren Trend geworden. (nk)