prag aktuell

Jindřichův Hradec/Prag - In einem umfangreichen Fall von organisierter Wirtschaftskriminalität im Zusammenhang mit dem so genannnten "Führerscheintourismus" ermittelt derzeit die tschechische Kriminalpolizei im südböhmischen Jindřichův Hradec.

Nach gut einem halben Jahr währender Vorermittlungen wurden gestern bei einer Razzia vier Personen vorläufig festgenommen, die ein ausgeklügeltes kriminelles System zur Beschaffung von tschechischen Führerscheinen betrieben haben sollen: ein amtlicher Fahrprüfer, ein Dolmetscher der deutschen Sprache, der Inhaber einer Fahrschule sowie ein Vermittler für Führerscheinanwärter.

Wie die Sprecherin der südböhmischen Polizei Hana Millerová gestern mitteilte, soll das Quartett mindestens von Januar bis September dieses Jahres "in Dutzenden Fällen" Führerscheinanwärtern eine problemlose Fahrprüfung garantiert und so den Erwerb von Fahrberechtigungen ermöglicht haben, ohne dass dafür die nötigen Voraussetzungen gegeben gewesen seien. Unter anderem seien vorherige Fahrstunden ausgewiesen worden, die tatsächlich nie stattgefunden hätten.

Zur Nationalität der Abnehmer der illegal beschafften Führerscheine wollte die Sprecherin aus ermittlungstaktischen Gründen zum derzeitigen Zeitpunkt keine Angaben machen. Allerdings seien die Kunden des Quartetts offenbar "in nicht geringem Maße" deutschsprachiger Herkunft gewesen.

Wie Polizeisprecherin Millerová heute gegenüber prag aktuell sagte, wurde gegen drei der Tatverdächtigen inzwischen vom Kreisgericht Untersuchungshaft verhängt. Die Tatverdächtigen würden zur Stunde verhört und das schriftliche, bei Hausdurchsuchungen sichergestellte Beweismaterial ausgewertet, das auf eine "qualifizierte, umfangreiche, gut ausgearbeitete und verdeckte Straftätigkeit der Verdächtigen" hinweise.

Den Beschuldigten werde unter anderem Amtsmissbrauch und Bestechung vorgeworfen, im Falle einer Verurteilung drohen ihnen langjährige Haftstrafen von bis zu 10 Jahren.

Auf die Frage, welche Konsequenzen die Kunden bei ihrer Identifizierung zu befürchten haben werden, antwortete die Polizeisprecherin gegenüber prag aktuell, zwar seien die Ermittlungen diesbezüglich noch in einem sehr frühen Stadium. Sie gehe aber davon aus, dass die zuständigen tschechischen Behörden zum gegebenen Zeitpunkt strafrechtliche und verwaltungsrechtliche Schritte gegen die betreffenden Personen einleiten würden. (nk)