www.theater.czwww.theater.cz | Pressemitteilungen | 24.10.2019
Das Prager Theaterfestival deutscher Sprache verspricht einzigartige Theatererlebnisse im Haupt- und Begleitprogramm

Prag - 24. Festivaljahrgang findet vom 16. November bis 3. Dezember 2019 statt. Zehn herausragende und innovative Inszenierungen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Luxemburg, Liechtenstein und Tschechien werden auf mehreren Prager Bühnen präsentiert. Alle Aufführungen werden, wie es bereits Tradition ist, ins Tschechische übersetzt. Die meisten Produktionen werden zweimal aufgeführt, damit sie so viele Zuschauer wie möglich sehen können.

Hauptprogramm

Das Festival eröffnet am Samstag, dem 16. November, im Theater in den Weinbergen mit der Vorstellung Der Menschenfeind des Berliner Deutschen Theaters. Die Regisseurin Anne Lenk begreift Molières 350 Jahre alte Komödie als zeitlose Satire über die gesellschaftliche Maskierung und soziale Selbstinszenierung, wobei sie den greifbaren Gegensatz zwischen den hohen moralischen Ansprüchen des Einzelnen und der jämmerlich hinterherhinkenden gesellschaftlichen Realität hervorhebt. Ein Schauspiel in seiner reinsten Form auf höchstem Niveau. Anne Lenk inszeniert Molières Misanthropen mit brillanter Besetzung, mit Ulrich Matthes in der Hauptrolle, und als sprühende, unterhaltsame Gesellschaftskomödie, mit der man sich in jedem Zeitalter identifizieren kann.

DOX+ zeigen wir zweimal, am Montag, dem 18. und Dienstag, dem 19. November, die Schweizer Inszenierung des Regisseurs Thom Luz Girl from the Fog Machine Factory. Es geht darin um eine Nebelmaschinenfabrik, die zugrunde geht, da diese Maschinen – wie immer mehr anderer Dinge – in der heutigen Welt keiner mehr braucht. Der Experte für Bühnennebel und außerordentlich empfindsame Regisseur Thom Luz erschafft flüchtige Welten, die mit Kunst-Nebel ausgemalt sind. Luz‘ Inszenierungen arbeiten mit Musik, magischen Bildern und dem Zauber des Theaters, sie erinnern uns an unsere Machtlosigkeit gegenüber der Flüchtigkeit des Lebens. Die Aufführung wurde zum diesjährigen Berliner Theatertreffen als eine der zehn besten deutschsprachigen Inszenierungen eingeladen.

Auf der Neuen Bühne des Nationaltheaters finden am Samstagabend, dem 23. November, und Sonntagnachmittag, dem 24. November, zwei Aufführungen des berühmten Hamburger Thalia Theaters statt – Dancer in der Dark, die Dramatisierung des nicht weniger bekannten Films von Lars von Trier. Selma ist eine Botschafterin der Menschlichkeit, der Liebe und Selbstlosigkeit in Zeiten des radikalen Egoismus. Eine bedingungslos liebende Mutter, die ihr eigenes Leben für die Zukunft ihres Sohnes opfert. In ihrem einfachen und traurigen Leben, erfüllt von ihrem einzigen Ziel, findet sie sich im Kreislauf von Macht und Ohnmacht wieder, der Macht des Geldes und der Ohnmacht gegenüber dem Schicksal, dem menschlichen Egoismus und der Rücksichtslosigkeit. Die hervorragende Schauspielerin Lisa Hagmeister kämpft sich in der Hauptrolle der mutigen und eindringlichen Adaptation des Films Dancer in the Dark in der Regie Bastian Krafts durch die Dunkelheit.

Auf der Bühne des Ständetheaters ist am Sonntag, dem 24. November, das Wiener Volkstheater mit seiner Inszenierung des österreichischen Volksdramas von Franz Grillparzer mit stark tschechischem Einschlag zu Gast. König Ottokars Glück und Ende inszenierte Dušan David Pařízek mit dem hervorragenden Karel Dobrý in der Hauptrolle. Aus dem österreichischen Volksdrama, das zur Zeit seiner Entstehung die patriotischen Gefühle der Böhmen aufwühlte, schaffte er eine wunderschöne, unterhaltsame und starke Farce über den Charakter der Macht. Die Inszenierung befreit den Text vom nationalistischem Pathos zugunsten von Humor und Übertreibung, dennoch bleibt Raum für tiefe Überlegungen. Ein großartig eingespieltes Ensemble, ein hochaktuelles Gleichnis, ein österreichischer Blick auf die böhmische Geschichte mit tschechischer Regie und Hauptdarstellung.

Im Theater La Fabrika präsentieren wir am Montag, dem 25. November, den Gewinner des Josef Balvín-Preises, den das Festival jedes Jahr vergibt, um so die tschechische Theaterlandschaft und den tschechisch-deutschen Dialog zu fördern. Der diesjährige Preisträger des Josef Balvín-Preises ist die tschechische Erstaufführung des Textes Wintersonnenwende von Roland Schimmelpfennig in der Regie des talentierten Duos Adam Svozil und Kristýna Jankovcová. Das Stück malt ein exaktes Bild des heutigen gesellschaftlichen Mainstreams und wühlt dabei in den Wunden des schlimmsten Kapitels deutscher Geschichte. Wintersonnenwende zeigt Menschen, die sich ihr Leben bequem einrichten, aber im Grunde leer sind, mit ihren persönlichen Ängsten und politischer Unbestimmtheit kämpfen, und somit scheitern, sobald es eine angemessene und entscheidende Tat verlangt. Wir freuen uns auf die tolle Darstellung der Kammerbühne Ostrava.

Am Dienstag, dem 26. November, wird auf der Bühne des Theater Komedie ein Projekt zum 300. Jubiläum Liechtensteins, Identität Europa, zu sehen sein, an dem Liechtensteiner, Luxemburger und Deutsche Theatermacher beteiligt waren. Die hochaktuelle Koproduktion dreier europäischer Theater blickt durch die Augen von acht europäischen Autoren auf die gegenwärtige Gestalt Europas. Diese Inszenierung ist die „Wildcard“ des Festivals, der Versuch, neue Projekte entstehen zu lassen, oft unangenehme Überlegungen zum gegenwärtigen Zustand der europäischen Gesellschaft, zu seinen Problemen und weiteren Möglichkeiten, zu unterstützen. Nationalstaat versus Europäische Zentralregierung? Migranten als Geißel oder Rettung Europas? Die Inszenierung in der Regie von Katrin Hilbe und Rafael David Kohn versucht, auf diese und viele andere Fragen aus der Sichtweise von acht Autoren aus acht europäischen Ländern Antworten zu finden.

Am Dienstag, dem 26. November, und Mittwoch, dem 27. November, kehren wir noch einmal auf die Bühne des DOX+ zurück, diesmal mit der Inszenierung Farm Fatale des französischen Regisseurs Philippe Quesne der Münchner Kammerspiele, Theaterkritikern zufolge die beste deutschsprachige Bühne der vergangenen Saison. Wir befinden uns in einer Welt ohne Menschen, auf der Erde gibt es nur noch Vogelscheuchen. Diese sind allerdings sehr einfallsreich und erschaffen eine neue und bessere Welt. Und dann ist da auch noch die letzte Biene der Welt, mit der dringend ein Interview geführt werden muss… Farm Fatale ist eine außerordentliche Kombination aus Bildender Kunst und Theater, Bizarrheit und Witz. Dennoch werden tiefgründige Themen angesprochen, wie die menschliche Rücksichtslosigkeit oder die Ausbeutung der Erde. Philippe Quesne zeigt uns die unglaublich unterhaltsame, utopische, traurige Welt, auf die wir zustreben. Ist es in unserer Macht, unsere Einstellungen zu ändern? Der berühmte französische Theatermagier bringt uns eine höchst stilisierte, schwungvolle und unterhaltsame Sonde in unser Gewissen.

Am Freitag, dem 29. November, laden wir Sie zu einem einzigartigen Erlebnis ein, das eng mit dem Theater und noch enger mit Musik verbunden ist. Lars Eidlinger ist einer der besten Theater- und Filmschauspieler seiner Generation. Der aktuell angesagte Darsteller, der Schauspieler, über den alle reden, wenn Sie ihn einmal gesehen haben, vergessen Sie ihn nie wieder. Diesmal in der ungewohnten und unvergesslichen Rolle des DJs! Tanzen Sie mit uns in den Winter und vergnügen Sie sich in den Räumen des Fuchs2 zur eklektischen Musik des DJs Lars Eidlinger bei einer Autistic Disco genannten Veranstaltung.

Zweimal bringen wir im Divadlo Pod Palmovkou, am Samstag, dem 30. November, und Sonntag, dem 1. Dezember, die Inszenierung Die Nacht von Lissabon des Berliner Maxim Gorki Theaters auf die Bühne. Die visuell eindrucksvolle, aktualisierte und starke Bearbeitung von Remarques Nacht in Lissabon in der Regie von Hakan Savaş Mican verbindet die Gegenwart mit der Vergangenheit. Es ist die Geschichte zweier junger Liebender, denen die politische Situation ihre Liebe und das Leben verunmöglicht. Mit Leichtigkeit, Witz und Offenheit stellen die zwei ausgezeichneten Schauspieler Anastasia Gubareva und Dimitrij Schaad unbequeme Fragen über den Menschen im Getriebe der Macht. Auf dem heutigen Weg nach Lissabon – und auf dem, den Remarque beschrieb – begleiten uns eine effektvolle Videoprojektion und vor allem eine sehr exotische Band mit ihrer eigenen Migrationsgeschichte.

Schließen werden wir den diesjährigen Festivaljahrgang mit der Inszenierung Penthesilea in der Regie des berühmten Regisseurs und Intendanten des Schauspielhauses Bochum Johan Simons, am Dienstag, dem 3. Dezember, im Theater in den Weinbergen. Stellen sie sich zwei der wohl größten gegenwärtigen Theater- und Filmschauspieler zusammen auf der Bühne vor: Sandra Hüller und Jens Harzer, die Europäische Darstellerin des Jahres und der Träger des Iffland-Ringes! Und das in der Regie von Johan Simons, der das große Kleist-Drama auf den tödlichen Kampf um die Liebe reduziert, auf den Kampf der Amazonenanführerin Penthesilea und des griechischen Recken Achilles. Der Kampf zwischen Mann und Frau, Macht und Ohnmacht gewinnen abwechselnd die Oberhand. Der Kampf der Geschlechter und Gefühle. Ein Theaterereignis, großes Schauspiel, eine durchdacht einfache Regie und ein starkes Thema.

Off-Programm

Auch dieses Jahr bietet das Prager Theaterfestival deutscher Sprache ein reiches Off-Programm. Als Vorspiel zum Hauptprogramm des Festivals zeigen wir das bissige tschechisch-deutsche Kabarett To téma / Das Thema (am 13. und 14. November) in der Eliadova knihova des Divadlo Na zábradlí, das das Autorenduo Philipp Schenker und Roman Horák extra für das diesjährige Festival geschaffen haben.

Am Donnerstag, dem 21. November, zeigen wir ebenfalls in der Eliadova knihovna des Divadlo Na zábradlí die szenische Lesung Drei sind wir von Wolfram Höll in der Regie von Ondřej Škrabal.

Donnerstag, dem 28. November, führen wir diesmal im 2. Saal in der Venuše ve Švehlovce die sehr untraditionelle Bearbeitung von Schillers Maria Stuart in der Regie von Jakub Čermák und in der Produktion der Künstlergang Depressive Kinder verlangen nach Geld auf.

In Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut Prag bereiten wir schon im zweiten Jahr die Internationale Theaterplattform theatertreffpunkt prag (TTPP) vor, die heuer vom 23. – 26. November in dem Räumen des Goethe-Instituts stattfindet, und an der Theatermacher aus mittel- und osteuropäischen Ländern, nämlich der Slowakei, Ungarn Polen, Slowenien, Estland, Litauen und Lettland, teilnehmen. Aus jedem dieser Länder werden zwei professionelle Theatermacher nach Prag eingeladen, aus Tschechien sind es bis zu sechs. Dieses Jahr ist es uns gelungen, bedeutende Gäste zu gewinnen, unter anderem Barbara Mundel (zukünftige Intendantin der Münchner Kammerspiele), Florian Malzacher (Dramaturg und Fachmann fürs gegenwärtige politische Theater), Jürgen Berger (Theaterkritiker der Zeitschrift Theater heute) oder den Regisseur Bastian Kraft.

Der Sinn der Internationalen Theaterplattform theatertreffpunkt prag liegt vor allem in der Weiterbildung, aber natürlich auch im Networking zwischen den Theatermachern, um neue Ideen und mögliche zukünftige Koproduktionen entstehen zu lassen.

Am Montag, dem 25. November, zeigen wir im Kino Světozor den abendfüllenden Dokumentarfilm Die Burg (Österreich 2019) des Regisseurs Hans Andreas Guttner, der eines der wichtigsten Theaterhäuser der Welt in Form einer filmischen Entdeckungsreise vorstellt, in der wir sehen, was sonst verborgen bleibt: die Arbeit, die notwendig ist, um diese große Kunstmaschinerie am Laufen zu halten. Wir lernen, wie die einzelnen Arbeitsprozesse ineinanderpassen, und wie vieler Einzelschritte es bedarf, von der Auswahl eines Stückes bis zu seiner Prämiere. Diese abwechslungsreichen Blickwinkel auf das Burgtheater ermöglichen uns, besonders intensiv zu begreifen, worin die Faszination des Theaters liegt.

Auch in diesem Jahr arbeiten wir gerne mit unserem medialen Hauptpartner, dem Tschechischen Rundfunk, zusammen, deren Hörer und unsere Zuschauer die Möglichkeit bekommen, eine szenische und eine audielle Version des Menschenfeinds zu vergleichen. Die Radiospieladapatation von Molières berühmtesten Stück wird online zugänglich sein unter vltava.rozhlas.cz vom 13. – 19. November.

Wir laden Sie herzlich ein auch in virtuelle Realität für Ihre Ohren – zum Anhören des Textes Der Adelaide Carpenters Gedächtnisflügel von Katharina Schmitt mit Musik von Michal Rataj. Das binaurale Hörspiel führen wir in Zusammenarbeit mit dem Sender Vltava am 2. Dezember im Centrum současného umění DOX auf.

 

Der Kartenvorverkauf startet am 1. November im Vorverkaufsnetz Ticketmaster.

Programmänderungen vorbehalten. 

 

Kontakt

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Autor:
Pressemitteilung von Theater.cz, 23.10.2019
Bildnachweis:
© Ute Langkafel - Maxim Gorki Theater: Die Nacht von Lissabon

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