Prag - Über drei Etagen erstreckt sich am Fuße des Prager Wenzelsplatzes, an einer der besten und teuersten Adressen der tschechischen Hauptstadt, der im Dezember 2013 eröffnete Feinkosttempel Julius Meinl Praha - noch.
Denn heute gab das Unternehmen Potraviny Můstek, das das Delikatessenhaus betreibt, bekannt, dass es den Gourmettempel wegen mangelnden Kundeninteresses schließen werde.
Ein konkretes Datum für das Ende des österreichischen Traditionsunternehmens nannte der Unternehmenssprecher Patrik Schober noch nicht. Vorerst gehe der Betrieb weiter, wer zum Beispiel noch Geschenkgutscheine habe, könne diese noch ohne Probleme einlösen.
Das nach dem Wiener Vorbild Meinl am Graben konzipierte Franchise-Projekt war erst im Dezember 2013 ambitioniert gestartet.
Volle Regale und gähnende Leere
Das Sortiment von Meinl Praha mit einer Verkaufsfläche von 2.200 Quadratmetern und einem Luxusrestaurant entspricht weitgehend dem des Wiener Stammhauses am Graben.
In Prag befinden sich die Verkaufsräume ebenfalls an einer Top-Adresse, dem "City Palais", am Knotenpunkt der Fußgängerzone "Na Přĭkopě" und Wenzelsplatz gelegen. Das Jugendstil-Bauwerk mit seinen sechs oberirdischen und zwei unterirdischen Geschossen wurde 2013 saniert. Es befindet sich im Prager Denkmalschutzgebiet und ist in der Liste des UNSESCO-Weltkulturerbes eingetragen.
"Die Tschechische Republik erlebt im Bereich Gastronomie schlichtweg einen Boom. Die Menge guter Restaurants und Geschäfte mit Qualitätslebensmitteln steigt fast mit jedem Tag. Das zeugt von einem Trend, der aus dem Westen auch nach Tschechien gekommen ist. Eine nicht kleine Gruppe von Verbrauchern interessiert, was sie isst und ist bereit, für die Qualität zu zahlen", gab sich bei der feierlichen Eröffnung Herbert Vlasatý, der Geschäftsführer von Julius Meinl, im Dezember 2013 vom Erfolg des Unternehmens überzeugt.
Allerdings konnten die anvisierten Käuferzahlen von etwa der Hälfte des Wiener Stammhauses offenbar nicht annähernd erreicht werden."Obwohl die Einzelhandelsmärkte in Wien und Prag in vieler Hinsicht sehr ähnlich sind, gibt es im Spezialsortiment mit Feinkostlebensmitteln viele Unterschiede", musste Sprecher Patrik Schober heute einräumen.
Für die Marke Julius Meinl ist es bereits der zweite missglückte Versuch, in Tschechien Fuß zu fassen. Im Jahr 2005 zog sich die damals hoch defizitär arbeitende Supermarktkette Julius Meinl bereits vom stark umkämpften tschechischen Lebensmittelmarkt zurück. Die meisten ihrer Geschäfte verkaufte sie damals an das Unternehmen Ahold, das die Supermarktkette Albert besitzt. (nk)