Prag - In Anbetracht des katastrophalen Wahlergebnisses für die tschechischen Grünen erklärte der bisherige Parteivorsitzende und Spitzenkandidat, Matěj Stropnický, noch am Samstag vor laufenden Fernsehkameras seinen sofortigen Rücktritt.
Die Grünen hatten bei den Parlamentswahlen nur 1,46 Prozentstimmenanteil erreicht und verpassten damit nicht nur deutlich den Einzug ins Prager Abgeordnetenhaus, sondern blieben auch unterhalb der wichtigen 1,5-Prozent-Grenze, so dass sie um die staatliche Wahlkampfkostenerstattung in Höhe von 100 Kronen pro Wählerstimme kommen.
Die Grünen wählen eine neue Parteiführung auf ihrem Parteitag im Januar in Ostrava. Stropnický hatte die Grünen seit Januar 2016 geführt.
Flucht nach vorn: Coming-out einen Tag vor den Wahlen
Dem rasanten Rücktritt war zwei Tage vorher ein sehr persönlicher Schritt des 34-jährige Filmschauspieler vorausgegangen. Am Donnerstag vergangener Woche hatte der Sohn von Noch-Verteidigungsminister Martin Stropnický (ANO) seine Homosexualität öffentlich gemacht.
Zuvor hatten tschechische Boulevardmedien über die sexuelle Orientierung des Politikers spekuliert. Einen Tag vor Öffnung der Wahllokale gab Matěj Stropnický dann in einem Interview mit dem Online-Schwulenmagazin Nakluky.cz bekannt, tatsächlich homosexuell zu sein und eine Beziehung zu dem 23-jährigen Serienschauspieler Daniel Krejčík zu haben.
Bislang hat kein tschechischer Spitzenpolitiker seine Homosexualität freiwillig öffentlich gemacht. Ein ungewolltes Coming-out hatte Verkehrsminister Gustav Slamečka im Jahr 2010. Vorausgegangen war der Ausspruch eines Gewerkschafters über eine angebliche Verschwörung von Homosexuellen im Verkehrsministerium und bei den Tschechischen Bahnen (České drahy). (nk)