Prag - Der tschechische Staatspräsident Miloš Zeman (Foto) hat eine Belohnung in Höhe von 100.000 Kronen (etwa 3676 Euro) für denjenigen ausgeschrieben, der den Artikel "Hitler je gentleman" (Hitler ist ein Gentleman) findet, berichten tschechische Medien heute.
Den Artikel soll, so jedenfalls die feste Überzeugung des Staatsoberhaupts, der Journalist Ferdinand Peroutka geschrieben und vor Beginn des Zweiten Weltkriegs in der Zeitschrift Přítomnost veröffentlicht haben.
Grund für den ungewöhnlichen Schritt: Mehrere Monate hatte den Artikel in seiner Freizeit bereits der Sprecher des Staatspräsidenten Jiří Ovčáček gesucht. Fündig wurde er freilich nicht. Fachleute sind der Ansicht, dass es den Artikel auch gar nicht gibt.
Hintergrund der absurd anmutenden Causa um die Suche nach dem Artikel ist die Rede des tschechischen Staatspräsidenten, die er im Januar bei der Eröffnung des internationalen Forums "Let My People Live" anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz gehalten hatte.
Damals hatte Zeman im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Islamischen Staates (IS) vor einem drohenden "Superholocaust" mit Hunderten Millionen von Opfern als einer realen Gefahr gewarnt. Zugleich kritisierte er, dass viele Intellektuelle anfällig dafür seien, sich vom Bösen blenden oder sogar faszinieren zu lassen.
Als Beispiel für das intellektuelle Versagen im Angesicht von Nazismus und bevorstehendem Holocaust nannte Zeman unter anderem die Journalistenlegende Ferdinand Peroutka (1895 - 1978): "Einer der größten tschechischen Journalisten, Ferdinand Peroutka, veröffentlichte in der angesehenen Zeitschrift Přítomnost einen Artikel mit dem Titel "Hitler ist ein Gentleman". Derselbe Journalist schrieb nach dem Münchner Abkommen: Wenn wir nicht mit den Engeln singen können, müssen wir mit den Wölfen heulen".
Diese Aussage brachte dem Staatspräsidenten umgehend Kritik ein, Fachleute und Historiker bezweifelten, dass es einen solchen Artikel aus der Feder Peroutkas gebe. Die Enkelin des Journalisten verklagte gar den tschechischen Staat, um eine öffentliche Entschuldigung zu erwirken.
Nach eifriger, aber erfolgloser Suche seines Sprechers nun also das Ausschreiben der Belohnung. Denn dass es den Artikel gibt, daran zweifelt Zeman nicht, schließlich habe er höchstpersönlich den Aufsatz in den 60er Jahren in der Hand gehabt. "Der Betrag wird ausreichen, um die Forscher in den Archiven zu motivieren", hatte Zeman" bereits Anfang Mai angekündigt, als er erstmals die Idee einer Belohnung ins Spiel brachte. (nk)