Der Autor

Christian Matuschka, Jahrgang 1991, studiert derzeit Humangeographie im Rahmen eines Erasmus-Auslandssemesters an der Prager Karls-Universität. Seine Heimatuniversität ist die Johannes Gutenberg-Universität in Mainz.

Sein besonderes Interesse gilt vor allem dem Sport rund um Prag, aber auch politischen und wirtschaftlichen Themen. 

Für prag aktuell ist er seit Oktober 2018 als Redakteur und Blogger aktiv.

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| Christian Matuschka | Rubrik: Kultur, Theater, Oper, Tanz | 6.12.2018

Die Odyssee - Eine Irrfahrt nach Homer im Prager Dox+

Eine abenteuerliche Reise, nur ohne Odysseus

Im Rahmen des 23. Prager Theaterfestivals deutscher Sprache präsentierte das Thalia Theater Hamburg am 23. und 24. November 2018 die Aufführung von "Die Odyssee – Eine Irrfahrt nach Homer" im Dox+ in Prag.

Mal ehrlich, wer denkt bei dem Epos von Homer an Szenen, in denen sich zwei Männer nackt und in einem offenen Sarg stehend mit Öl einreiben? Also ich weniger. Aber es scheint wohl hohe Theaterkunst gewesen zu sein, denn einige Besucher nickten und lachten an vielen Stellen verständnisvoll, als hätten sie im Kopf gerade eine Parallele gezogen. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob da nicht die ein oder anderen dabei waren, die aus Scham oder Unsicherheit wegen dieser teils verstörenden Szenen lachen mussten. Es könnte gut sein, dass ich nicht der Einzige war, der sich etwas anderes darunter vorgestellt hat. Odysseus selbst war gar nicht zu sehen, obwohl er imaginär im Sarg liegend einen zentralen, wenn auch sehr stillen Teil des Stücks ausmachte. Aber für die, die nicht so wirklich verstanden haben, wer da jetzt eigentlich in der Kiste liegt, wurde ein überlebensgroßes Konterfei von Kirk Douglas (hat Odysseus im Film gespielt) in die Mitte des Bühnenbilds gehängt, um alle möglicherweise aufkommenden Missverständnisse aus dem Weg zu räumen. Wer spannende Abenteuerreisen erwartet hat, wurde aber nicht enttäuscht. Zumindest die nicht, die damit Reisen in den seelischen Morast von Menschen verbinden. Man hätte meinen können, man befinde sich in einer Vorlesung der Medizin. Thema heute: Akute Schizophrenie.

Nein, ganz im Ernst, die schauspielerische Leistung der beiden war wirklich sehenswert, was ja meistens mindestens genauso am Theater fasziniert wie der Inhalt eines Stücks. Natürlich gibt es Zusammenhänge zum ursprünglichen Werk, aber dafür muss man es schon sehr gut kennen. Im Nachhinein betrachtet wäre es wahrscheinlich besser gewesen sich vorher nochmal in die Geschichte von Homer einzulesen. Dann hätte man vielleicht auch mitgelacht und nicht fragend die Stirn gerunzelt, als beide Brüder anfingen an dem Sarg des Vaters zu riechen. Rein inhaltlich scheint es auf jeden Fall so, als hätten die beiden Halbbrüder ein großes Problem mit ihrem Vater gehabt. Zwischenzeitlich hätte man sich fragen können: Ist das hier eine verquere Darstellung eines ödipalen Konflikts? Warum sonst trällern beide Söhne im ersten Moment ein Trauerlied und liegen sich weinend in den Armen, während sie wenig später in reinster Horrorfilmmanier den Sarg des Vaters mit Kettensägen zerstören? Ich glaube die Frage überlasse ich lieber den Kulturjournalisten und Theaterfachleuten. Nach gut zwei Stunden ohne Pause hatte der Spuk jedenfalls dann auch ein Ende. Nach der Vorstellung gab es für alle Gäste noch Häppchen aufs Haus, die Gesichter der Zuschauer danach eher neutral. Könnte gut sein, dass so manch einer Schwierigkeiten hatte, diesen Abend richtig einzuordnen.

Bildnachweis:
Theater.cz / © Armin Smailovic
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