Prag - Rund zehn Tage nach dem gescheiterten Putschversuch bei den tschechischen Sozialdemokraten ist die Stellung Bohuslav Sobotkas fester denn je. Neun von 14 regionalen Parteiorganisationen haben sich bereits unmissverständlich hinter den Parteichef gestellt. Dagegen bricht der Rückhalt seiner Zeman-treuen Widersacher Michal Hašek, Zdeněk Škromach und Jeroným Tejc täglich weg.
Überall im Lande mehren sich die Rufe nach ihrem Rücktritt von sämtlichen Parteifunktionen. Nicht wenige Genossen fordern sogar offen ihren Austritt aus der ČSSD. Verhaltenere Kritik tönt nur aus Südmähren, der Heimatregion von Hašek und Tejc. Aber auch dort rieten die Parteifreunde ihnen, ihr Handeln zu "überdenken".
Sobotkas Stehvermögen und Widerstand gegen den innerparteilichen Umsturzversuch kam für die "Rebellen" offensichtlich überraschend. Dass er sich schlicht weigern würde, ihre Rücktrittsforderungen zu befolgen, sämtliche Verantwortung für das schlechte Wahlergebnis zu übernehmen und Hašek die Federführung bei der anstehenden Regierungsbildung zu überlassen, war in ihrem Szenario wohl nicht vorgesehen - ebenso wenig wie die landesweiten Sympathiebekundungen der Parteibasis für Sobotka.
Als schließlich das peinliche Possenspiel um das Geheimtreffen bei Zeman am Wahlabend platzte und Hašek sich vor der Nation als Lügner outen musste, war das politische Schicksal des Trios de facto besiegelt. Was immer der Exekutivrat der ČSSD bei seiner Sondertagung am 10. November auch entscheiden mag, alles andere außer ein klares Bekenntnis für Sobotka wäre mehr als unwahrscheinlich. Der ehedem als farblos geltende Parteichef geht aus dem Intrigenspiel seiner "Parteifreunde" gestärkt hervor.
Präsident Miloš Zeman, für viele politische Beobachter der Mentor, wenn nicht sogar Drahtzieher der Palastrevolte, konnte die Entwicklung nicht entgehen. Wie er auf die sich ändernden Umstände reagiert, gibt Auskunft über seinen politischen Instinkt und ebenso über seinen Charakter: Er ließ die drei schlichtweg fallen, nachdem er selbst Sobotka den Rücktritt nahe gelegt hatte. In einem Zeitungsgespräch von Anfang der Woche signalisierte er sogar volle Kehrtwende. Mit der Regierungsbildung werde er den Kandidaten beauftragen, den die siegreiche Partei vorschlage. Dass der nur Bohuslav Sobotka heißen kann, wird mit jedem Tag deutlicher.
Der ČSSD-Chef hat diesen Putsch also überstanden, doch die ihm zugrunde liegenden Faktoren sind damit nicht aus der Welt geschafft. Bei den Sozialisten schwelen seit Jahren Spannungen zwischen fast unvereinbaren Fraktionen: Den Vertretern einer modernen und proeuropäischen Linken um Bohuslav Sobotka und Jiří Dienstbier stehen auf der anderen Seite konservative Kräfte sowie rücksichts- und idealfreie Karrieristen gegenüber, die prinzipiell in jeder Partei sein könnten. Nicht genug damit, droht von außen Gefahr vom früheren Parteivorsitzenden Miloš Zeman, der gerade unter älteren Genossen viele Anhänger hat. Wenn es stimmt, was prominente Politologen und Kommentatoren behaupten und Zeman die Zerschlagung der ČSSD anstrebt, aus Rache für den "Verrat" bei der Präsidentschaftswahl 2003, wird Tschechien noch viel politisches Theater erleben. Die Marionetten dafür findet Zeman sicher in den Reihen seiner alten Partei.
Georg Pacurar