prag aktuellprag aktuell | Rubrik: Politik | 27.8.2013
Zum bevorstehenden Comeback von Václav Klaus

Prag - Tschechien hat einen heißen politischen Sommer hinter sich. Nach Korruptionsskandalen, Büroaffäre, Rücktritt der Regierung und Auflösung des Parlaments hätten wenige noch mit Neuigkeiten gerechnet, die da mithalten könnten. Vergangene Woche aber machte eine Nachricht die Runde, die politische Beobachter im In- und Ausland Stirnrunzeln bereitet: Václav Klaus steht unmittelbar vor seiner Rückkehr in die aktive Politik.

Überraschend dabei ist nicht so sehr die Tatsache des Comebacks an sich. Niemand hätte allen Ernstes geglaubt, dass dieses politische Schwergewicht sich mit der Rolle des Botschafterinnengatten in Bratislava zufrieden gibt, der sich ein liberales Think Tank hält und ab und zu in Kolumnen gegen EU und den "Glauben an den Klimawandel" polemisiert.

Schließlich hatte Klaus 2003, als sein langjähriger Gegenspieler Miloš Zeman den politschen Ruhestand ankündigte, dessen Rückkehr prognostiziert. Zeman sei ein "Vollblutpolitiker", der es "nicht lange in der Rolle des Beobachters aushalten" werde, gab er damals schon Interprätationshilfen für spätere Schritte.

Verblüffend an dem Comeback sind eher die Umstände. Klaus wird nicht in die von Krisen geschüttelte ODS zurückkehren, deren Gründer und langjähriger Vorsitzender er war und die seine Wahl zum Staatspräsidenten ermöglichte. Die Partei habe ihre "ideellen Wurzeln verlassen" und sei "nicht reformierbar", so sein vernichtendes Urteil. Aber die Lage im Lande sei "aussichtslos", darum wolle er seine Hilfe nicht verweigern.

Statt mit der ODS plant Klaus, wie aus Medienberichten hervorgeht, einen Zusammengang mit der EU-kritischen Sammelbewegung Suverenita ("Souverenität") um Jana Bobošíková, die es bislang noch nie ins Abgeordnetenhaus geschafft hat. Als Name der neuen Partei sei das Kürzel SUPR im Gespräch, für "Souverenität und Prosperität". Zusätzlich sei eine namentliche Berufung auf Klaus geplant, etwa SUPR/Klausovci (SUPR/Klaus' Leute).

Wer das Parteikürzel schon lächerlich findet, sollte einen Blick auf die Mannschaft werfen, die sich um den Grand der tschechischen "Rechten" versammelt. Es liest sich wie ein Who Is Who politischer Irr- und Wiedergänger.

Jana Bobošíková (Jahrgang 1964), ehemalige Funktionärin des kommunistischen Jugendverbands in der ČSSR, später TV-Journalistin, EU-skeptische Abgeordnete im Europaparlament kandidierte 2008 für das Amt des Staatspräsidenten - nominiert von der kommunistischen KSČM. Bei der jüngsten Präsidentschaftswahl, diesmal für ihre "Suverenita", kam sie auf knapp drei Prozent.

Ebenfalls in der "Suverenita" aktiv ist Jana Volfová. Die ehemalige ČSSD-Abgeordnete outete sich unlängst als überzeugte Anhängerin von Václav Klaus, als ob sie nur versehentlich jahrelang die Sozialdemokraten vertreten habe.

Konsistenter ist da Vlastimil Tlustý, der sich auch zur neuen Partei gesellen will. Der ehemalige ODS-Vize und Finanzminister, der innerhalb der Partei eine konservative Plattform gegründet hatte ("rechter Block"), trug 2009 mit seiner Stimme zum Sturz der Regierung Topolánek bei. Tlustý hatte kritisierte, dass die ODS unter Topolánek ihre "ideellen Wurzeln" verlassen häte und stand Václav Klaus stets nahe. Dass er kurz vor der Wende noch der KPTsch beigetreten war, hatte Miloš Zeman in einem Interview einmal süffisant als "Indikator für die Intelligenz" Tlustýs bezeichnet. Dieser verteidigte sich und sagte, er sei zwar "bei den Kommunisten dabei gewesen", habe aber "nie kommunistisch gedacht oder gehandelt". Eine offeneres Geständnis eines wendehalsigen Karrieristen hat die tschechische Politik noch nicht gebracht.

Václav Klaus scheint sich über die Integrität seiner Mitstreiter wenig Sorgen zu machen. Die neue Partei verstehe er als einen "Fluss, in den unterschiedliche Bäche und Rinnsale strömen". Alle seien willkommen, "solange sie chemisch nicht allzu sehr belastet sind". Wie hoch seine Toleranzschwelle hier ist, verdeutlicht die Wahl des Parteistrategen. Die Kooperation Klaus-Bobošíková soll das Werk von Petr Tluchoř sein. Der ehemalige ODS-Fraktionsvorsitzende war einer der drei "Rebellen" im Mittelpunkt der politischen Korruptionsaffäre, die zum Fall von Petr Nečas beitrug. (gp)

Themen: Václav Klaus, politische Parteien, ODS

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