Prag - Anschauungsunterricht in Sachen tschechischer Kneipenkultur liefert dieser Tage die Online-Ausgabe der in Prag erscheinenden Tageszeitung Mladá fronta dnes, und zwar ausgerechnet in ihrem elektronischen Frauenmagazin OnaDnes.cz.
Anderswo undenkbar, in vielen einfachen tschechischen Restaurants und Kneipen seit den wilden 90er Jahren ein beliebtes Mittel zur Kundenbindung: Besuch einer weiblichen Oben-ohne-Bedienung, die den Gästen Bier und Knödel serviert.
Geordert werden die barbusigen Aushilfen von den Wirten bei verschiedenen Agenturen, meist an "toten" Tagen unter der Woche. Wichtigste Qualifikationen der Servicekräfte: Zuverlässigkeit, ein Lächeln für die männliche Kundschaft und mindestens Körbchengröße B.
Auszahlen tut sich der Service finanziell für alle Seiten. Die Kneipen machen größeren Umsatz, die Agenturen sowieso und auch die Topless-Kellnerinnen verdienen in der üblicherweise vier Stunden dauernden Schicht eine schnelle Krone dazu.
Meist sind es junge Mütter oder Studentinnen, die auf diese Weise ihre Haushaltskasse aufbessern. Sex und Kontaktanbahnungen in jede Richtung sind offiziell tabu, kontrollieren kann und tut das jedoch offenbar niemand.
In Sachen Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen sowie in Sachen Markterschließung gibt es dem Bericht nach jedenfalls noch Schieflagen und Grenzen. So geht die Nachfrage nach männlichen Topless-Bedienungen gegen Null. Ebenso wenig nachgefragt wird in der tschechischen "hospoda" Nacktheit, die unter die Gürtellinie geht. Unten ohne geht gar nicht. (nk)