Der Autor

Gert Loschütz wurde als "der David Lynch unter Deutschlands Romanautoren" bezeichnet, viele seiner Texte thematisieren das Unheimliche. Er wird aus seinem hoch geschätzten Roman Dunkle Gesellschaft lesen, für den er 2005 auf die Shortlist des Deutschen Buchpreises gewählt wurde. Er ist auch Verfasser von zahlreichen Theaterstücken, Hörspielen und Fernsehspielen.

Gert Loschütz wurde 1946 in Genthin (Sachsen-Anhalt) geboren, 1957 übersiedelte die Familie nach Hessen. 1968 wurde er zur Tagung der Gruppe 47 auf Schloss Dobříš eingeladen, die jedoch wegen des Einmarschs der Truppen des Warschauer Paktes nicht stattfinden konnte. Gert Loschütz lebt in Berlin.

​Im November 2016 ist er Stipendiat des Prager Literaturhauses.

 

 

Bildnachweis:
Björn Steinz

Blog

| Gert Loschütz | 14.11.2016

13. November 2016

8.

Das Theaterfestival deutscher Sprache mit dem von Lars Eidinger gespielten Hamlet der Berliner Schaubühne im schönen Jugendstilbau des Theater in den Weinbergen, und beim Lesen des Programms wieder merken, dass mir die Faszination für das Theater verloren gegangen ist. Während ich früher weit gefahren bin, um eine Inszenierung zu sehen, bringt mich heute kaum noch die um die Ecke stattfindende Sensation aus dem Haus. Das Theater birgt keine Geheimnisse mehr, die Erwartungen sind aufgebraucht oder haben sich auf die Oper verlagert, und nicht nur mir scheint es so zu gehen. Das gleiche stelle ich bei anderen fest. Und was die Macher angeht, die alten Heroen: Bei ihnen hat eine regelrechte Theaterflucht eingesetzt. Dem Sprechtheater scheint nur noch Peymann die Treue zu halten, während Dorn, Flimm, Neuenfels, Stein, Nel, Hermann, und das sind nur die, die mir gerade einfallen, zur Oper abgewandert sind.

Lange nicht mehr gehört: Namen wie Living Theater, Julian Beck und Judith Malina, Bread and Puppet, Mnouchkine, Luca Ronconi.

Meistens habe ich das, was die jungen Theatermacher (oft auch die Kritiker) den Zuschauern als neu, provokativ, revolutionär andienen, schon vor dreißig, vierzig Jahren gesehen.

Die Nachbarin - offenbar sitzen wir, wie nach den gelegentlich herüber dringenden Geräuschen (Stuhlscharren?) zu vermuten, Wand an Wand. Gewissheit, als ich am Abend von der anderen Straßenseite aus am Haus hoch schaue: Hab die Schreibtischlampe angelassen, so dass mein Zimmer sofort erkennbar ist, und sehe, als ich unten stehe, dass das neben meinem liegende Fenster ebenfalls erleuchtet ist, während es hinter den anderen Fenstern, nicht nur denen ihrer und meiner Wohnung, sondern des ganzen Hauses, dunkel ist.

         Wenn sie Fräulein Elf ist, wäre ich Herr Zehn.

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