prag aktuellprag aktuell | Rubrik: Wirtschaft | 24.3.2014
Für 2014 wird mit 1,4% Wirtschaftswachstum gerechnet / Abwertung der Krone wirkt sich günstig auf Exporte aus / Von Gerit Schulze, gtai

Prag - Tschechiens Wirtschaft war 2013 das zweite Jahr in Folge geschrumpft. Nach vorläufigen Schätzungen ging das Bruttoinlandsprodukt um 0,9% zurück. Doch die Trendwende ist längst eingeleitet. Schon im Schlussquartal des abgelaufenen Jahres lag die Wirtschaftsleistung wieder deutlich im Plus. Auch die Reallöhne sollen 2014 langsam wieder steigen. Während die ausländischen Direktinvestitionen 2013 generell schwächelten, wurde im verarbeitenden Gewerbe kräftig investiert.

Für das Gesamtjahr 2014 geht das tschechische Finanzministerium von 1,4% Wirtschaftswachstum aus, das 2015 sogar auf 2,0% steigen soll. Damit könnte der Konjunkturabschwung ein Ende finden, der vor allem durch die niedrigen Investitionen des Staates und die geringe Binnennachfrage hervorgerufen war. Die Einkommen sollen 2014 wesentlich schneller steigen als die Preise. Das wird dem privaten Verbrauch helfen. Zwar sollen die Anlageinvestitionen laut Prognosen noch knapp unter dem Niveau des Vorjahres bleiben. Doch der weiterhin starke Export und die erwachte Konsumfreude der Haushalte dürften Tschechiens Konjunktur 2014 antreiben.

Als traditionell sehr stabil und nicht so anfällig für Konjunkturdellen hat sich Tschechiens Arbeitsmarkt erwiesen. Im Jahresdurchschnitt 2013 lag die Arbeitslosenquote gemäß ILO-Berechnungsmethode wie im Jahr zuvor bei 7,0%. Allerdings spiegelt dieser Wert die Situation in den Arbeitsämtern nicht exakt wider. Denn laut Ministerium für Arbeit und Soziales waren Ende Dezember 2013 fast 600.000 Jobsuchende bei den Arbeitsämtern gemeldet. Das waren rund 50.000 mehr als ein Jahr zuvor und entsprach einer Arbeitslosenquote von 8,2%. Besonders betroffen waren die Regionen Bruntal, Most und Usti nad Labem, wo Ende 2013 zwischen 13 und 14% der Erwerbsfähigen ohne Anstellung waren. Am geringsten war die Quote in Prag, Mlada Boleslav und Plzen.

Im Gleichschritt mit der Rezession sind auch die Löhne zwei Jahre in Folge real gesunken. Für 2013 ermittelte das Statistikamt nach vorläufigen Zahlen einen Rückgang um 1,3% auf 25.128 Tschechische Kronen (Kc; 967 Euro; Jahreswechselkurs 2013: 1 Euro = 25,97 Kc). Am stärksten gingen die Verdienstmöglichkeiten bei Banken und Versicherungen zurück (nominal -9%). Auch in der Energiewirtschaft (-4%) und im Bergbau (-3%) waren die Einschnitte spürbar. Gute Zuwächse beim Nominallohn gab es dagegen in der Landwirtschaft (+3%) sowie im Hotel- und Gaststättengewerbe (+4%). Für 2014 erwartet das Finanzministerium in seiner Prognose einen Anstieg der Reallöhne um über 1%.

Deflation statt Inflation befürchtet

Tschechien hat nach Meinung der Nationalbank CNB eine zu geringe Inflationsrate. Statt einer Teuerung drohe dem Land eine Deflation, was negative Auswirkungen auf die Wirtschaftsentwicklung hätte, argumentieren die Währungshüter. Die Verbraucherpreise waren 2013 lediglich um 1,4% gestiegen und damit viel langsamer als 2012 (3,3%). Für das laufende Jahr erwartet die CNB sogar nur eine Preissteigerung von 1%.

Seit November 2013 steuert die Nationalbank daher dagegen und lässt die Tschechische Krone abwerten. Der Kurs gegenüber dem Euro ist daraufhin um bis zu 7% auf 27,6 Kc abgesackt. Inzwischen ist der Verfall der Währung gestoppt und das Verhältnis Krone-Euro schwankt um einen Wert von 27,3 Kc. In der Folge sind vor allem Lebensmittel teurer geworden. Doch im Durchschnitt blieben die Verbraucherpreise stabil: Sie stiegen im Januar und Februar 2014 jeweils nur um 0,2% gegenüber der Vorjahresperiode.

Ein positiver Effekt der Währungsabwertung für die Volkswirtschaft sind die verteuerten Importe, die den Preisvorteil einheimischer Produkte verbessern. Gleichzeitig kann Tschechien seine Exportwaren günstiger im Ausland anbieten. Nach Meinung der Unternehmen hält sich der Effekt aber in Grenzen, weil besonders in den wichtigsten Ausfuhrgütern Autos und Elektronik ein großer Anteil importierter Komponenten steckt.

Wegen der Abwertung der Krone sind die Außenhandelsumsätze 2013 in Euro gerechnet geschrumpft: die Importe um 1,9% auf 108 Mrd. Euro und die Exporte um 0,6% auf 122 Mrd. Euro. Unter dem Strich bleibt aber ein neuer Rekord beim Handelsüberschuss von 13,5 Mrd. Euro. Das war ein Plus von 11% gegenüber 2012.

Die Importe aus Deutschland sind 2013 leicht um 0,6% auf 27,7 Mrd. Euro gesunken. Weiterhin kommt aber ein Viertel der tschechischen Einfuhren aus der Bundesrepublik. Größere Einbußen musste das zweitplatzierte Lieferland VR China hinnehmen. Die Importe aus dem Reich der Mitte sanken 2013 um fast 5% auf 11,6 Mrd. Euro. Polen als drittwichtigstes Lieferland konnte seine Lieferungen um 3% ausweiten. Stark geschrumpft sind die Importe aus den Niederlanden (-7%), aus Österreich (-6%) und aus Korea (Rep.) (-7%).

Auch bei Tschechiens Exporten hat Deutschland 2013 kaum an Bedeutung verloren. Das Liefervolumen verringerte sich nur leicht um 0,8% auf 38,1 Mrd. Euro. Das ist immer noch ein Drittel der gesamten Ausfuhren. Dahinter folgt die Slowakei, die Waren im Wert von 10,8 Mrd. Euro in Tschechien einkaufte (-2%). Ebenfalls um 2% gingen die Exporte nach Polen zurück (auf 7,3 Mrd. Euro). Starke Rückgänge gab es bei den Lieferungen in die Niederlande (-14%), in die Ukraine (-7%) und in die Schweiz (-5%). Dagegen konnten die Exporte Richtung Türkei (+26%), Ungarn (+12%), VR China (+11%), Rumänien (+9%) und Spanien (+7%) überdurchschnittlich zulegen.

Am meisten gefragt im Ausland waren wiederum tschechische Autos. Das Exportvolumen bei Straßenfahrzeugen ist 2013 um 3% auf 21,6 Mrd. Euro gestiegen. Dahinter folgen elektrische Ausrüstungen (11,9 Mrd. Euro, +3%) und Büromaschinen (8,9 Mrd. Euro, -13%). Auffallend groß war 2013 der Zuwachs bei den Möbelexporten (+16% auf 2,2 Mrd. Euro).

Starke Einbrüche bei ausländischen Direktinvestitionen

Tschechien blieb auch in den vergangenen Krisenjahren ein beliebtes Ziel für ausländische Direktinvestitionen (ADI). Allerdings sind die Zuflüsse 2013 nach dem starken Vorjahr deutlich um 40% auf 3,76 Mrd. Euro zurück gegangen, berichtet die Nationalbank CNB. Das lag vor allem an erheblichen Desinvestitionen im Energiesektor sowie in der IT- und Telekombranche.

Starke Nettozuflüsse von 0,5 Mrd. Euro gab es dagegen in der verarbeitenden Industrie. Hier hatten besonders die Kfz-Branche, der Maschinenbau und die Metallurgiebetriebe kräftig investiert. Ein Großteil der ausländischen Direktinvestitionen entfällt auf reinvestierte Gewinne.

Drei Viertel der Nettoinvestitionen kamen 2013 aus Europa. Führendes Herkunftsland für die ADI waren dabei wie in den Vorjahren die Niederlande (1,5 Mrd. Euro Nettozufluss). Dort haben viele tschechische und internationale Holdings aus steuerlichen Gründen ihren Firmensitz. Dahinter lagen Österreich (1,1 Mrd. Euro) und Zypern (0,8 Mrd. Euro). Deutsche Unternehmen haben 2013 zwar über 1 Mrd. Euro Gewinne in Tschechien reinvestiert. Unterm Strich bleibt aber laut Nationalbank ein Nettoabfluss deutscher ADI in Höhe von 460 Mio. Euro.

Themen: Konjunktur, Wirtschaftswachstum, gtai
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