prag aktuellprag aktuell | Rubrik: Wirtschaft | 7.4.2014
Ab 2014 erster Reallohnzuwachs seit zwei Jahren / Fachkräfte und Spezialisten weiterhin gesucht / Von Gerit Schulze, gtai

Prag - Die Zahl der Erwerbslosen in Tschechien ist auf einem Höchststand. Trotzdem gehört der Arbeitsmarkt zu den stabilsten in Europa, die Arbeitslosenquote ist vergleichsweise gering. Nach zwei Jahren Reallohnverlusten in Folge können die Beschäftigten ab 2014 wieder mit steigenden Einkommen rechnen. Dem Konjunkturaufschwung fehlt aber noch die Kraft, um nachhaltig neue Stellen zu generieren. Ein Problem bleibt der Fachkräftemangel und die praxisferne berufliche Ausbildung.

Allgemeines zum Arbeitsmarkt

Tschechien hat die zweijährige Rezession überwunden und ist auf den Pfad des Aufschwungs zurückgekehrt. Nachdem das Bruttoinlandsprodukt 2013 nach ersten Schätzungen um 0,9% geschrumpft war, erwartet die Regierung für 2014 einen Anstieg um mindestens 1,4%. Auf dem Arbeitsmarkt zeigt diese positive Entwicklung vorerst wenig Wirkung. Noch haben die Betriebe Überkapazitäten und müssen keine Neueinstellungen vornehmen, um die steigende Nachfrage zu befriedigen. Die Arbeitslosigkeit bleibt daher für tschechische Verhältnisse relativ hoch. Ende Januar 2014 waren nach Angaben des Ministeriums für Arbeit und Soziales fast 630.000 Menschen auf Arbeitssuche, über 43.000 mehr als ein Jahr zuvor. Dem standen 36.400 offene Stellen gegenüber (Januar 2013: 33.800). Die Erwerbslosenquote lag im Januar 2014 nach der Methodik des Ministeriums für Arbeit und Soziales bei 8,6%.

Regional gibt es große Unterschiede. In Prag, Mlada Boleslav und Plzen herrschte im Januar 2014 mit 4 bis 5% Erwerbslosenquote nahezu Vollbeschäftigung. Dagegen waren in den Kreisen Bruntal (Mährisch-Schlesien), Jesenik (Bezirk Olomouc) und Most (Bezirk Usti nad Labem) bis zu 15% der Erwerbsfähigen auf Arbeitssuche. In diesen Krisenregionen unterstützt die Regierung mit speziellen Investitionsanreizen (Einmalzahlungen) offensiv die Schaffung von Arbeitsplätzen.

Etwa 44% der bei den tschechischen Arbeitsämtern gemeldeten Personen sind Langzeitarbeitslose, die seit einem Jahr und länger auf einen Job warten. Junge Menschen bis 24 Jahre stellen ein Fünftel der Arbeitslosen. Jeder zehnte Arbeitslose hat einen Hochschulabschluss (Zahlen für das 3. Quartal 2013).

Ein etwas positiveres Bild ergibt sich gemäß der Berechnungsmethode der Internationalen Arbeitsorganisation ILO. Danach lag Tschechiens Arbeitslosenquote im Januar 2014 bei 6,8% (Januar 2013: 7,0%). Das war hinter Österreich, Deutschland und Luxemburg der viertniedrigste Wert in der EU.

Für 2014 erwartet das Finanzministerium eine Arbeitslosenquote (ILO-Methode) von 7,0% und damit auf gleichem Niveau wie 2013. Erst für 2015 rechnet das Finanzressort mit einer leichten Entspannung am Arbeitsmarkt und einem Wert von 6,9%. Etwas pessimistischer prognostiziert das Ministerium für Arbeit und Soziales die Entwicklung. Es rechnet nach seiner Zählweise für 2014 mit einem Anstieg der Arbeitsuchenden um 23.000 auf 587.000. Das entspräche einer Quote von 8,0% (Jahresdurchschnitt 2013: 7,7%). Im Folgejahr 2015 könnte dieser Wert dann auf 7,8% sinken.

Umfragen des Personaldienstleisters Manpower für das 1. Quartal 2014 bestätigen die Vorhersagen. Demnach wollen 91% der Unternehmen ihre Belegschaft auf dem aktuellen Niveau halten. Nur 4% der befragten Firmen gaben an, Mitarbeiter entlassen zu müssen. Weitere 4% planten Neueinstellungen. Größere Kündigungswellen stehen laut Manpower in den Bereichen Logistik und Telekommunikation sowie im Tourismus an. Der Finanzsektor und der Handel wollen wieder mehr Beschäftigte anheuern.

Grundsätzlich weist Tschechien im Unterschied zu anderen Transformationsstaaten in Mittelosteuropa einen sehr stabilen Arbeitsmarkt auf. Die Beschäftigungsquote lag 2013 im Durchschnitt bei rund 68% der 15- bis 64-Jährigen und damit so hoch wie seit 1997 nicht mehr (Frauen: rund 60%). Im 4. Quartal 2013 waren 41.200 Personen mehr in Lohn und Brot als ein Jahr zuvor.

Beschäftigungsmodelle wie Teilzeit, Sabbatjahre oder Arbeitszeitkonten spielen bislang eine geringere Rolle als in Westeuropa. Während EU-weit jede dritte Frau in Teilzeit arbeitet, ist es in Tschechien nur jede zwölfte Arbeitnehmerin. Unter allen Beschäftigten üben nur 5% Teilzeitjobs aus (EU-Durchschnitt: 19%). Statistiken der Stellenbörse Jobs.cz zeigen aber, dass die Zahl der angebotenen Teilzeitstellen steigt, während weniger Vollzeitstellen ausgeschrieben werden.

Dynamisch entwickelt sich das Geschäft mit Leiharbeitern. Laut Zeitungsberichten wurden 2013 rund 90.000 Beschäftigte über Zeitarbeitsagenturen vermittelt, ein Plus von 13% gegenüber dem Vorjahr. Zwar ist die Arbeitnehmerüberlassung noch weniger verbreitet als im Nachbarland Deutschland. Da die Ordereingänge aber derzeit nur für eine monateweise Auslastung der Betriebe reichen, nutzen die Unternehmen zunehmend Leiharbeiter, um temporäre Großaufträge abzuarbeiten. Vorreiter sind die Automobil- und Elektronikindustrie sowie der Logistiksektor.

Beim Anteil der Schichtarbeiter liegt Tschechien in der EU hinter Kroatien, der Slowakei und Polen an vierter Stelle. Laut Statistikamt arbeiten 28% der Beschäftigten im Schichtbetrieb. Ebenso hat das Land einen Spitzenwert bei der Länge der Wochenarbeitszeit. Sie lag 2012 bei durchschnittlich 40,9 Stunden. Nur die Griechen arbeiten mit 42,0 Stunden noch länger (EU-Durchschnitt: 37,3 Stunden).

Frauen sind am Arbeitsmarkt gegenüber Männern benachteiligt. Im Index "Women in work", den PricewaterhouseCoopers 2014 veröffentlicht hat, belegt das Land Rang 20 von 27 untersuchten Volkswirtschaften. Weibliche Arbeitnehmer verdienen demnach rund 15% weniger als ihre männlichen Kollegen in gleichen Positionen. Das entspricht dem Durchschnitt der OECD-Länder, heißt es in dem Bericht.

Trotz der aktuell recht hohen Arbeitslosigkeit klagen deutsche und andere internationale Unternehmen weiterhin über einen Mangel an Fachkräften. Das theorielastige Ausbildungssystem verhindert, dass die Firmen in den gut laufenden Branchen wie Automobilindustrie oder Maschinenbau mit ausreichend qualifiziertem Personal versorgt werden. Die neue Regierung will die Zusammenarbeit zwischen Berufsschulen und Unternehmen fördern. Doch von einem dualen Ausbildungssystem nach deutschem Vorbild ist das Land noch weit entfernt.

Ein erster Versuch, mehr Praxis in die Berufsausbildung zu bringen, ist das vom Bildungsministerium 2013 initiierte Programm "Pospolu". Der Start verlief allerdings sehr schleppend, weil vor allem die Berufsschulen wenig Interesse zeigten, bei der Ausbildung enger mit Unternehmen zusammen zu arbeiten. Inzwischen durchlaufen rund 1.000 Schüler das Programm. Bis März 2014 waren 25 Berufsschulen und über 80 Firmen an dem Projekt beteiligt (http://www.nuv.cz/pospolu).

Nach wie vor sehr eingeschränkt ist die Mobilität der Tschechen. Zumutbar sind nach Auskunft von Personalberatern maximal 50 Kilometer Anfahrt zur Arbeit. Einen Umzug für eine neue Stelle ziehen die Wenigsten in Betracht. Tschechen bewohnen meist eigene Immobilien, der Ehepartner arbeitet in der Regel auch und der Familienverband ist sehr stark. Daher ist es schwer, Jobkandidaten zu einem Ortswechsel zu bewegen. Das gilt vor allem für ältere Arbeitnehmer ab 50 Jahren.

Bei der Suche nach Führungskräften und hochspezialisierten Fachleuten empfiehlt es sich, vor Ort Personalagenturen einzuschalten. Sie verfügen über Markt- und Branchenkenntnis, haben aktuelle Datenbanken mit potenziellen Kandidaten und Erfahrungen beim Headhunting. Einige Agenturen sind spezialisiert auf deutschsprachige Kundschaft.

Die seriösen Personaldienstleister verlangen als Vermittlungsgebühr drei bis vier Monatsgehälter. Ein Teil des Honorars wird bei Auftragserteilung fällig, der andere Teil bei Arbeitsantritt. Dabei wird häufig eine Garantie zwischen drei und zwölf Monaten gewährt, falls die neue Kraft wieder abspringt oder die Probezeit nicht übersteht.

Die Arbeitnehmer werden in der Regel durch Betriebsgewerkschaften vertreten. Dabei gilt eine Gewerkschaftsorganisation bei einem Arbeitgeber als tätig, wenn mindestens drei ihrer Mitglieder dort im Arbeitsverhältnis stehen. Betriebsgewerkschaften müssen bei wichtigen Entscheidungen informiert und konsultiert werden, haben Mitbestimmungs- und Kontrollrechte, sind aber nicht so stark wie ein deutscher Betriebsrat. Nationale Tarifverträge gibt es nur in einigen Industriezweigen. Sie sind - bis auf Ausnahmen - nicht allgemein verbindlich. Arbeitskämpfe im privaten Sektor finden selten statt.

Allgemeine Arbeitsmarktdaten in der Tschechischen Republik (2013)
Bevölkerung (zum 31.12.13, in Mio.) 10,51
Erwerbspersonen (älter als 15 Jahre, in Mio.) 5,31
Erwerbstätige (in Mio.) 4,94
Arbeitslosenquote, offiziell (in %, nach ILO-Definition) 7,0
Analphabetenquote (in %) *) 0,2
Universitätsabschluss (in %) *) 17,0

*) die Angaben beziehen sich auf das 3. Quartal 2013

Quelle: Tschechisches Statistikamt (http://www.czso.cz)

Löhne und Gehälter

Tschechiens Arbeitnehmer mussten zwei Jahre in Folge Reallohnverluste verkraften. Nach -0,6% im Jahr 2012 sind die durchschnittlichen Löhne 2013 real um 1,3 gesunken. Das betraf stark gesuchte Spezialisten im IT-Sektor oder in anderen Technologiebranchen allerdings kaum.

Inzwischen scheint die Abwärtsspirale bei den Löhnen vorbei zu sein. Für 2014 rechnet die Regierung mit einem Reallohnanstieg um 1,5%. Ein Jahr später soll der Zuwachs sogar auf 1,8% steigen. Ein besonders kräftiges Plus wird in der verarbeitenden Industrie und in den exportorientierten Betrieben erwartet.

Der Mindestlohn war schon zum 1.8.13 um 500 Tschechische Kronen (Kc) auf 8.500 Kc angehoben worden (je Stunde 50,60 Kc, bezogen auf eine 40-Stunden-Woche). Das entspricht ungefähr 34% der Durchschnittslöhne. Die Regierungspartei CSSD beabsichtigt, den Mindestlohn bis zum Ende der Legislaturperiode (2017) auf 10.000 Kc und damit auf etwa 40% des Durchschnittslohns anzuheben. Für bestimmte Tätigkeitsgruppen gelten schon jetzt höhere Mindestlöhne von bis zu 17.000 Kc.

Entwicklung der durchschnittlichen Bruttomonatslöhne
  2011 2012 2013
Nominal (in Kc) 24.455 25.112 25.128
Nominal (in Euro) 1) 995 999 968
Reale Veränderung (in %) 2) 0,6 -0,6 -1,3

1) durchschnittliche Wechselkurse: 2011: 1 Euro = 24,59 Kc, 2012: 1 Euro = 25,14 Kc, 2013: 1 Euro = 25,97 Kc; 2) gegenüber Vorjahr auf Kronenbasis

Quelle: Tschechisches Statistikamt

Die regionalen Lohnunterschiede sind in Tschechien so niedrig wie in kaum einem anderen Land Europas. Einzig die Hauptstadt Prag sticht deutlich hervor. Hier verdienen die Arbeitnehmer rund ein Drittel mehr als im landesweiten Durchschnitt. Anders sieht es in wirtschaftlich schwächeren Regionen wie Zlin oder Karlovy Vary aus. Dort liegen die Monatslöhne etwa 15% unter dem Landesdurchschnitt. In Prag waren die Löhne 2013 allerdings so stark gesunken wie nirgendwo sonst im Land.

 

Durchschnittliche Bruttomonatslöhne nach Regionen
  2013 (in Kc) Veränderung 2013/12 (in %) 1) 2013 (in Euro) 2)
Landesdurchschnitt 25.128 0,1 968
Prag (Hauptstadt) 32.879 -1,6 1.266
Region Mittelböhmen 25.001 0,8 963
Region Südmähren 24.186 1,0 931
Region Plzen (Pilsen) 23.866 0,3 919
Region Mährisch-Schlesien 23.212 -0,3 894
Region Liberec 23.055 1,0 888
Region Usti nad Labem 22.762 0,9 876
Region Hradec Kralove 22.702 0,3 874
Region Vysocina 22.609 1,2 871
Region Südböhmen 22.443 0,6 864
Region Olomouc 22.267 0,0 857
Region Pardubice 22.068 0,8 850
Region Zlin 21.994 -0,3 847
Region Karlovy Vary 21.435 0,4 825

1) nominal gegenüber Vorjahreszeitraum (auf Kronenbasis); 2) Wechselkurs 2013: 1 Euro = 25,97 Kc

Quelle: Tschechisches Statistikamt

Die traditionell höchsten Gehälter bieten IT-, Telekom- und Finanzunternehmen. Dagegen bezahlen Betriebe im Gastronomiegewerbe, im Tourismus sowie in der Holz- und Textilindustrie die niedrigsten Löhne.

Den stärksten Rückgang der Nominallöhne verzeichnete das Statistikamt 2013 im Finanzsektor, im Bergbau und in der Bauwirtschaft. Überdurchschnittlich hohe Zuwächse bekamen die Beschäftigten in der Automobilindustrie, im Hotel- und Gaststättengewerbe und in der Textilindustrie.

Durchschnittliche Bruttomonatslöhne 2013 nach Branchen
  in Kc Veränderung 2013/12 1) in Euro 2)
Insgesamt 25.128 0,1 968
Bauwirtschaft 22.319 -2,4 859
Bergbau 31.791 -2,6 1.224
Verarbeitendes Gewerbe, darunter 24.857 1,3 957
.Nahrungsmittelindustrie 3) 19.110 -0,8 736
.Textilindustrie 3) 19.384 2,7 746
.Holzindustrie 3) 17.297 2,6 666
.Papierindustrie 3) 23.702 -0,9 913
.Chemische Industrie 3) 27.834 -1,4 1.072
.Gummi- und Kunststoffindustrie 3) 23.435 1,8 902
.Maschinenbau 3) 26.334 1,9 1.014
.Metallerzeugung und -bearbeitung 3) 26.836 -0,4 1.033
.Herstellung von Metallerzeugnissen 3) 23.147 0,5 891
.Elektrotechnik/Elektronik 3) 25.371 1,0 977
.Fahrzeugbau 3) 29.466 3,7 1.135
Handel, Reparaturen 23.368 -0,1 900
Hotel und Gastronomie 13.918 3,5 536
Transport, Lagerung 23.511 1,0 905
IT und Telekommunikation 46.171 -1,3 1.778
Finanzwesen, Banken, Versicherungen 46.938 -8,6 1.807
Immobilienbranche 22.007 -2,1 847

1) in % nominal gegenüber Vorjahreszeitraum auf Kronenbasis; 2) Wechselkurs 2013: 1 Euro = 25,97 Kc; 3) Durchschnitt der Bruttomonatslöhne auf Quartalsbasis

Quelle: Tschechisches Statistikamt

Die Durchschnittslöhne des Statistikamtes sind nur als grobe Richtschnur für eine Investitionsplanung heranzuziehen. Beschäftigte bei ausländischen Unternehmen bekommen in der Regel deutlich höhere Gehälter. Dafür müssen sie meist höhere Qualifikationen und häufig Fremdsprachenkenntnisse mitbringen. Außerdem verlangen westliche Arbeitgeber mehr selbstständiges Arbeiten und Verantwortung von ihren Beschäftigten.

Durchschnittliche Bruttomonatslöhne nach Regionen
  2013 (in Kc) Veränderung 2013/12 (in %) 1) 2013 (in Euro) 2)
Landesdurchschnitt 25.128 0,1 968
Prag (Hauptstadt) 32.879 -1,6 1.266
Region Mittelböhmen 25.001 0,8 963
Region Südmähren 24.186 1,0 931
Region Plzen (Pilsen) 23.866 0,3 919
Region Mährisch-Schlesien 23.212 -0,3 894
Region Liberec 23.055 1,0 888
Region Usti nad Labem 22.762 0,9 876
Region Hradec Kralove 22.702 0,3 874
Region Vysocina 22.609 1,2 871
Region Südböhmen 22.443 0,6 864
Region Olomouc 22.267 0,0 857
Region Pardubice 22.068 0,8 850
Region Zlin 21.994 -0,3 847
Region Karlovy Vary 21.435 0,4 825

1) nominal gegenüber Vorjahreszeitraum (auf Kronenbasis); 2) Wechselkurs 2013: 1 Euro = 25,97 Kc

Quelle: Tschechisches Statistikamt

Die traditionell höchsten Gehälter bieten IT-, Telekom- und Finanzunternehmen. Dagegen bezahlen Betriebe im Gastronomiegewerbe, im Tourismus sowie in der Holz- und Textilindustrie die niedrigsten Löhne.

Den stärksten Rückgang der Nominallöhne verzeichnete das Statistikamt 2013 im Finanzsektor, im Bergbau und in der Bauwirtschaft. Überdurchschnittlich hohe Zuwächse bekamen die Beschäftigten in der Automobilindustrie, im Hotel- und Gaststättengewerbe und in der Textilindustrie.

Durchschnittliche Bruttomonatslöhne 2013 nach Branchen
  in Kc Veränderung 2013/12 1) in Euro 2)
Insgesamt 25.128 0,1 968
Bauwirtschaft 22.319 -2,4 859
Bergbau 31.791 -2,6 1.224
Verarbeitendes Gewerbe, darunter 24.857 1,3 957
.Nahrungsmittelindustrie 3) 19.110 -0,8 736
.Textilindustrie 3) 19.384 2,7 746
.Holzindustrie 3) 17.297 2,6 666
.Papierindustrie 3) 23.702 -0,9 913
.Chemische Industrie 3) 27.834 -1,4 1.072
.Gummi- und Kunststoffindustrie 3) 23.435 1,8 902
.Maschinenbau 3) 26.334 1,9 1.014
.Metallerzeugung und -bearbeitung 3) 26.836 -0,4 1.033
.Herstellung von Metallerzeugnissen 3) 23.147 0,5 891
.Elektrotechnik/Elektronik 3) 25.371 1,0 977
.Fahrzeugbau 3) 29.466 3,7 1.135
Handel, Reparaturen 23.368 -0,1 900
Hotel und Gastronomie 13.918 3,5 536
Transport, Lagerung 23.511 1,0 905
IT und Telekommunikation 46.171 -1,3 1.778
Finanzwesen, Banken, Versicherungen 46.938 -8,6 1.807
Immobilienbranche 22.007 -2,1 847

1) in % nominal gegenüber Vorjahreszeitraum auf Kronenbasis; 2) Wechselkurs 2013: 1 Euro = 25,97 Kc; 3) Durchschnitt der Bruttomonatslöhne auf Quartalsbasis

Quelle: Tschechisches Statistikamt

Die Durchschnittslöhne des Statistikamtes sind nur als grobe Richtschnur für eine Investitionsplanung heranzuziehen. Beschäftigte bei ausländischen Unternehmen bekommen in der Regel deutlich höhere Gehälter. Dafür müssen sie meist höhere Qualifikationen und häufig Fremdsprachenkenntnisse mitbringen. Außerdem verlangen westliche Arbeitgeber mehr selbstständiges Arbeiten und Verantwortung von ihren Beschäftigten.

Bruttomonatslöhne nach ausgewählten Positionen im 1. Halbjahr 2013 1)
  in Kc in Euro 3)
Geschäftsführerin einer größeren Niederlassung 2) 96.659 3.761
Geschäftsführerin eines kleinen bis mittleren Unternehmens 40.088 1.560
Vertriebsleiterin 43.765 1.703
Ingenieurin 39.322 1.530
Programmiererin 38.164 1.485
Sekretärin mit Fremdsprachenkenntnissen 4) 30.417 1.184
Sekretärin 21.342 830
Facharbeiterin 25.831 1.005
Buchhalterin 24.239 943
Kraftfahrerin 18.245 710
Ungelernte Arbeitskraft 13.931 542

1) kein Durchschnitt, sondern der nationale Median aus dem Informationssystem über den Durchschnittslohn des Ministeriums für Arbeit und Sozialwesen und des Tschechischen Statistikamtes; 2) zur besseren Lesbarkeit wird bei den Berufsbezeichnungen die jeweilige Begrifflichkeit sowohl für die männliche als auch die weibliche Form verwendet; 3) Wechselkurs 1. Halbjahr 2013: 1 Euro = 25,70 Kc; 4) Vergütungsstudie von Kienbaum und der AHK Tschechien 2014

Quellen: Informationssystem über den Durchschnittslohn ISPV (http://www.ispv.cz), Vergütungsstudie (Kienbaum, AHK Tschechien)

Bruttolöhne in Produktionsbetrieben im 1. Halbjahr 2013 1)
Stellenbezeichnung (Klassifizierung nach CZ-ISCO) 2) in Kc in Euro 3)
Angelernte Arbeiterin (Tätigkeiten, die in wenigen Tagen zu erlernen sind und für die keine spezielle Berufsausbildung notwendig ist (9329) 14.790 575
Mitarbeiterin, die unter Aufsicht Tätigkeiten ausführt, für die eine mehrjährige Berufsausbildung erforderlich ist (81, 82) 19.818 771
Ausgebildete Mitarbeiterin mit mehrjähriger, praktischer Berufserfahrung, die Aufgaben zuverlässig ohne Aufsicht durchführen und Fertigungsprozesse einrichten kann (72, 74) 22.723 884
Mitarbeiterin mit mehrjähriger Erfahrung und Leitungsbefugnis, die als Vorarbeiterin die Arbeit von Produktionsbereichen verantwortet (3122) 29.050 1.130

1) Median; 2) zur besseren Lesbarkeit wird Tabelle bei den Berufsbezeichnungen die jeweilige Begrifflichkeit sowohl für die männliche als auch die weibliche Form verwendet; 3) durchschnittlicher Wechselkurs 1. Halbjahr 2013: 1 Euro = 25,70 Kc

Quelle: ISPV

Weitere Lohnbestandteile

Die Krisenjahre hatten dazu geführt, dass Arbeitgeber Prämien und andere Sonderzahlungen einschränkten. Doch inzwischen scheinen die Betriebe wieder großzügiger zu sein. Nach einer Untersuchung der Onlinestellenbörse Jobs.cz ist der Anteil der Beschäftigten, die 2013 ein 13. Gehalt oder andere Jahresendprämien bekamen, von 13 auf 19% gestiegen. Für 2014 rechnen über ein Viertel der Arbeitnehmer mit einer solchen Sonderzahlung. Da der Arbeitsmarkt sich wieder erholt und Fachkräfte, Spezialisten und Führungspersonal ohnehin kaum von der Wirtschaftskrise betroffen waren, dürfte mit dem Aufschwung erneut ein Kampf um die klügsten Köpfe entbrennen. Damit rücken auch Gratifikationen und freiwillige Zusatzleistungen der Unternehmen wieder in das Blickfeld.

Deutsche Firmen hatten in der Vergangenheit ohnehin kaum Abstriche bei ihren Anreizsystemen gemacht. Laut einer Untersuchung für den Vergütungsreport von Kienbaum und der Deutsch-Tschechischen Industrie- und Handelskammer (AHK Tschechien) profitierten 2013 über 90% der Geschäftsführer, Führungskräfte und höheren Angestellten über eine Erfolgsbeteiligung von der Entwicklung ihrer Unternehmen in Tschechien. Die meisten Unternehmen lassen aber auch ihre Fach- und Produktionsarbeiter am wirtschaftlichen Erfolg teilhaben (89%). An der Umfrage haben neben deutschen Tochtergesellschaften auch einige tschechische Firmen teilgenommen.

Weit verbreitet sind laut dem Vergütungsreport Dienstwagen. In den Genuss dieses Privilegs kommen 96% der Geschäftsführer, 62% der Führungskräfte und 9% der höheren Angestellten. Beliebteste Marke ist Skoda vor VW und Audi.

Mehr als jedes vierte Unternehmen spendiert laut der Umfrage seinen Beschäftigten eine private Altersvorsorge. In 12% der deutschen Niederlassungen können die Arbeitnehmer ein Firmendarlehen bekommen. Weit verbreitet sind außerdem Essensvoucher, Transportkostenzuschüsse und Weiterbildungsangebote.

Sozialversicherungsbeiträge

Die tschechische Gesetzgebung unterscheidet zwei Pflichtversicherungssysteme: die Kranken- und die Sozialversicherung. Die Sozialversicherung schließt die Rentenversicherung, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und die Arbeitslosenversicherung ein.

Im Jahr 2014 beträgt die Gesamthöhe der Sozialabgaben und Krankenversicherungsbeiträge (ohne Unfallversicherung) für Arbeitgeber 34% des Bruttoverdienstes, für Arbeitnehmer 11%. Seit 2013 sollen sich Arbeitnehmer entscheiden, ob sie in die "zweite Säule der Rentenversicherung" einzahlen. Für diese private Rentenvorsorge müssen sie 5% ihres Bruttogehalts aufbringen. In diesem Falle verringern sich die Beiträge zur staatlichen Rentenversicherung um drei Prozentpunkte.

Die Beitragsbemessungsgrenze für die Abgaben zur Krankenversicherung (Jahreseinkommen ab dem 72-Fachen eines durchschnittlichen Monatslohns) wurde seit 1.1.13 für drei Jahre ausgesetzt. Für die übrigen Sozialabgaben (Rentenversicherung, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Arbeitslosenversicherung) entspricht die maximale Bemessungsgrundlage 2014 einem Jahreseinkommen ab dem 48fachen durchschnittlichen Monatslohn (1.245.216 Kc).

Die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung betragen in der Regel 1,05% von der Beitragsbemessungsgrenze. Die tatsächliche Höhe hängt vom Gefährdungspotenzial der Branche ab. Im Bankensektor oder in der Filmwirtschaft müssen nur 0,28% bezahlt werden, im Bergbau 5,04%. Das Gesetz über die Unfallversicherung soll bis 2015 reformiert werden. Unter anderem ist ein Bonus-Malus-System geplant.

Sozialbeiträge 2014 (in % des Bruttolohns)
  Arbeitgeber Arbeitnehmer
Rentenversicherung 21,5 6,5 oder 3,5 1)
Krankenversicherung 9,0 4,5
Abgabe für Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Mutterschaftsschutz 2) 2,3 0,0
Arbeitslosenversicherung 1,2 0,0
Gesamt 34,00 11,0 bzw. 8,0

1) ermäßigter Beitragssatz bei Abschluss einer privaten Rentenversicherung, in die 5% der Bemessungsgrundlage eingezahlt werden; 2) Unternehmen bis 26 Beschäftigte können sich auch zu einer höheren Zahlung (3,3%) anmelden und sind dann berechtigt, die gezahlten Krankengelder bis zu einer Hälfte bei der Versicherung in Rechnung zu stellen

Quellen: Tschechische Verwaltung der Sozialversicherung (CSSZ), Gesetze

Aus Deutschland entsendete Arbeitnehmer sollten beachten, dass bei Ausübung einer Tätigkeit in Tschechien grundsätzlich das tschechische Steuerrecht und Sozialversicherungsrecht gilt, überlagert oder ergänzt durch bilaterale oder multilaterale Abkommen sowie durch europarechtliche Verordnungen. Eine ausführliche Übersicht zum Sozialversicherungsrecht stellt die Deutsch-Tschechische Industrie- und Handelskammer (AHK Tschechien) kostenlos als Leitfaden zur Verfügung.

Arbeitsrecht

Gesetzliche Regelungen auf einen Blick
Vergütung Unter Beachtung des gesetzlich festgelegten Mindestlohns und abgeschlossener Kollektivverträge frei verhandelbar
Mindestlohn (in der untersten Tätigkeitsklasse) 1) 8.500 Kc im Monat, beziehungsweise 50,60 Kc pro Stunde (bezogen auf eine 40-Stunden-Woche)
Wochenarbeitszeit 40 Stunden 2)
Zulässige Überstunden 8 Stunden pro Woche 3)
Gesetzliche Feiertage 12 Tage
Urlaubsanspruch Mindestens 4 Kalenderwochen im Kalenderjahr
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall Bis zum 14. Kalendertag zahlt der Arbeitgeber nur für die Arbeitstage 60% der Bemessungsgrundlage. Wobei an den ersten drei Arbeitstagen keine Lohnfortzahlung erfolgt. Ab dem 15. Tag zahlt die Sozialversicherung Krankengeld in Höhe von 60%
Probezeit maximal drei Monate 4)

1) insgesamt wurden acht Tätigkeitsklassen definiert, die Abstufungen reichen von 8.500 bis 17.000 Kc Mindestlohn; 2) für Bergleute und Arbeiter im kontinuierlichen Dreischichtbetrieb 37,5 Stunden, für Arbeiter im Zweischichtbetrieb 38,75 Stunden; 3) maximal 150 Überstunden pro Jahr, Überstunden darüber hinaus müssen mit dem Arbeitnehmer vereinbart werden; 4) bei leitenden Angestellten maximal sechs Monate

Rechtsgrundlagen

Grundlegende Rechtsnorm für arbeitsrechtliche Beziehungen ist das am 1.1.07 in Kraft getretene Arbeitsgesetzbuch (ArbGB, Nr. 262/2006 Sb.). Die größten Änderungen daran wurden in einer Novelle fixiert, die seit 1.1.12 wirksam ist. Weitere wichtige Änderungen in Zusammenhang mit dem neuen Zivilrecht gelten seit 1.1.14.

Seit dem 1.4.13 gilt ein neues Gesetz über arbeitsmedizinische Pflege. Die Arbeitgeber muss für die Arbeitnehmer nun arbeitsmedizinische Leistungen sicherstellen. Das kann aufgrund eines Vertrages mit einem Facharzt für Arbeitsmedizin oder mit einem Allgemeinmediziner geschehen. Die Ärzte sind verpflichtet, Kontrollen am Arbeitsplatz durchzuführen, die Einflüsse der Arbeitsbedingungen auf die Gesundheit der Arbeitnehmer zu beurteilen und auf gesundheitliche Risiken hinzuweisen. Bewerber müssen sich noch vor dem Abschluss des Arbeitsvertrages ärztlich untersuchen lassen. Geschieht dies nicht, ist der Arbeitnehmer als arbeitsunfähig zu betrachten.

Ein großes Thema ist immer noch die Beschäftigung von Scheinselbstständigen (tschechisch: svarcsystem). Nach der gegenwärtigen Regelung gilt, dass jede Arbeit in einem Über- und Unterordnungsverhältnis, die im Namen und nach Anweisungen des Arbeitgebers persönlich durch den Arbeitnehmer ausgeübt wird, ausschließlich im Arbeitsverhältnis ausgeübt werden darf. Für eine Scheinselbstständigkeit drohen hohe Geldstrafen (für Arbeitgeber zwischen 250.000 und 10 Mio. Kc, für Arbeitnehmer bis zu 100.000 Kc). Rechtsanwalt Arthur Braun von der Kanzlei bpv Braun Partners in Prag bezeichnet es als einen der größten Wertungswidersprüche des tschechischen Arbeitsrechts, dass zum einen die Scheinselbstständigkeit sozialversicherungsrechtlich und steuerlich gefördert wird (unter anderem durch großzügige Kostenpauschalen von bis zu 60%), andererseits aber Arbeitnehmern keine Werbungskosten zugestanden werden.

Vertragsabschluss

Alle Arbeitsverhältnisse in der Privatwirtschaft werden durch den Abschluss eines Arbeitsvertrages begründet. Die Probezeit umfasst maximal drei Monate. Bei sogenannten leitenden Angestellten - der Begriff wird weiter verstanden als in Deutschland, es kommt nur auf die Existenz von Untergebenen an - beträgt die Probezeit maximal sechs Monate. Die Probezeit soll spätestens am Tag des Arbeitsantritts schriftlich vereinbart sein.

Der Arbeitsvertrag bedarf der Schriftform und muss zwingend folgende Punkte beinhalten: die Art der auszuübenden Arbeit (kurze Bezeichnung der Arbeitsposition reicht, keine Beschreibung der Position nötig), den Tag des Arbeitsantritts, den Arbeitsort oder die Orte (die Stadt als Arbeitsort reicht, eine genauere Adresse ist nicht empfehlenswert).

Bestandteile des Vertrages können darüber hinaus sein: vollständige Namen und Anschriften des Arbeitgebers und Arbeitnehmers; nähere Bezeichnung der Art und des Ortes der Arbeitsausübung; der Urlaubsanspruch; die Kündigungsfristen; Angaben zum Lohn oder zur Art der Entlohnung sowie der Termin der Lohnzahlung; Angaben zu Kollektivverträgen, die die Arbeitsbedingungen des Arbeitnehmers regeln sowie Angabe der Wochenarbeitszeit. Rechtsanwalt Braun empfiehlt, die Verteilung der Arbeitszeit einseitig durch den Arbeitgeber zu bestimmen. Das ist vor allem wichtig, wenn eine flexiblere Gestaltung angedacht werde. Dann sollte von Anfang an eine sogenannte ungleichmäßige Aufteilung festgelegt werden. Enthält der Vertrag die oben genannten Angaben nicht, ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitnehmer hierüber schriftlich zu informieren, und zwar innerhalb eines Monats nach Entstehung des Arbeitsverhältnisses.

Es gibt vier Möglichkeiten, das Gehalt festzulegen: durch Vertrag oder Vertragsanhang (wobei jede Änderung nur in beiderseitigem Einvernehmen erfolgen kann); durch den Lohnbescheid einseitig durch den Arbeitgeber; durch eine sogenannte interne Vorschrift zu Gehältern (einseitig durch den Arbeitgeber) oder (seltener) aufgrund Tarifvorgaben.

Der Arbeitsvertrag kann unbefristet oder befristet abgeschlossen werden. Dabei gilt eine maximale Befristung von drei Jahren pro Vertrag. Dieser darf bis zu zweimal hintereinander über jeweils höchstens drei Jahre verlängert werden (insgesamt also neun Jahre). Die Reduzierung auf zwei Verlängerungen gilt auch für Schwangerschaftsvertretungen. Es muss dann entweder eine unbefristete Einstellung erfolgen. Oder seit der Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses müssen drei Jahre vergangen sein, ehe zwischen denselben Beteiligten erneut ein befristetes Arbeitsverhältnis eingegangen wird. Erleichterungen hinsichtlich Kettenarbeitsverhältnissen bestehen für Zeitarbeitsfirmen (in Tschechien "Arbeitsagenturen").

Rechte und Pflichten der Vertragsparteien

Das Arbeitsverhältnis verpflichtet den Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer eine Tätigkeit entsprechend dem Arbeitsvertrag zuzuweisen, ihm für die geleistete Arbeit Lohn zu zahlen, die Bedingungen zur Erfüllung seiner Arbeitsaufgaben zu schaffen und die übrigen, durch Rechtsvorschriften, den Vertrag oder interne Vorschriften gegebenen Arbeitsbedingungen einzuhalten. Fragen der Gleichbehandlung von Arbeitnehmern und des Datenschutzes spielen noch nicht die Rolle wie in Deutschland.

Der Arbeitgeber ist zudem verpflichtet, einer möglicherweise bestehenden Gewerkschaftsorganisation an vereinbarten Terminen Bericht über neu entstandene Arbeitsverhältnisse zu erstatten und muss in manchen Fällen auch Beendigungen von Arbeitsverhältnissen vorher mit ihr verhandeln. Rechtsanwalt Braun stellt heraus, dass die betriebliche Mitbestimmung weder über Betriebsgewerkschaften (falls überhaupt vorhanden) noch über den sowieso nur rein beratenden Betriebsrat (sehr selten) in ihrer Intensität mit dem aus Deutschland gewohnten Maß verglichen werden können. Das gilt ebenso für die bis Ende 2013 in größeren AGs zwingend zu einem Drittel entsandten Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat.

Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, entsprechend den Weisungen des Arbeitgebers persönlich die laut Arbeitsvertrag in Wochenarbeitszeit aufgeteilte Arbeit zu verrichten und die Pflichten einzuhalten, die ihm aus dem Arbeitsverhältnis entstehen.

Gemäß § 234 Arbeitsgesetzbuch kann sich der Arbeitgeber in einer Vereinbarung verpflichten, dem Arbeitnehmer eine Erhöhung seiner Qualifikation zu ermöglichen. Zugleich kann der Arbeitnehmer verpflichtet werden, sich weiterzubilden und dann für bis zu fünf Jahre im Unternehmen zu bleiben. Anderenfalls muss er die Fortbildungskosten erstatten.

Arbeitnehmer haben Anspruch auf mindestens vier Wochen Jahresurlaub. Durch tarifliche, betriebliche oder arbeitsvertragliche Regelung kann der Urlaub verlängert werden. Bei westlichen Firmen sind oft fünf Wochen die Praxis.

Für Wochenend- und Nachtarbeit müssen zwingend Zuschläge gezahlt werden. Sie betragen mindestens 10% des Durchschnittslohns, soweit im Arbeits- oder Tarifvertrag nicht anders - auch weniger - vereinbart. Ebenso muss Arbeitsbereitschaft extra vergütet werden. Für Feiertagsarbeit steht dem Arbeitnehmer ein Lohn- und Zeitausgleich zu. Alternativ können sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf Zahlung des Lohnes und eines Zuschlages von mindestens 100% des Durchschnittsverdienstes statt Zeitausgleich einigen.

Für Überstunden steht dem Arbeitnehmer das Gehalt und ein Zuschlag von mindestens 25% des Durchschnittsverdienstes zu. Falls es der Arbeitnehmer akzeptiert, ist an Stelle des Zuschlages ein Freizeitausgleich möglich. Mit dem Arbeitnehmer kann der Lohn unter Berücksichtigung der Überstundenarbeit von bis 150 Stunden pro Jahr vereinbart werden, bei leitenden Angestellten bis zum Maximum von 416 Stunden.

Eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten ist außerdem durch Arbeitszeitkonten möglich. Damit können Unternehmen auf Nachfrageschwankungen ihrer Produkte oder Dienstleistungen reagieren. Arbeitszeitkonten müssen durch einen Tarifvertrag oder, wenn es keine Betriebsgewerkschaft gibt, durch interne Vorschrift des Arbeitgebers eingeführt werden. Daneben gibt es die Möglichkeit der Gleitzeit und die ungleichmäßige Aufteilung der Arbeitszeit.

Vertragsbeendigung

Das Vertragsverhältnis kann durch Vereinbarung, Kündigung, sofortige Aufhebung oder Aufhebung während der Probezeit beendet werden. Es besteht eine vereinheitlichte Kündigungsfrist von mindestens zwei Monaten. Sie kann vertraglich verlängert werden, muss aber für beide Seiten gleich lang sein. Die Kündigungsfrist beginnt immer mit dem ersten Tag des auf die Zustellung der Kündigung folgenden Monats. Von Seiten des Arbeitgebers bedarf es eines ausdrücklichen gesetzlichen Grundes (betriebliche, gesundheitliche und weitere Gründe, siehe § 52 ArbGB). Bei betriebsbedingten Entlassungen von mehr als zehn Arbeitnehmern sind auch die Fristen für Massenentlassungen zu berücksichtigen.

Als wichtiger Kündigungsgrund gilt seit 2012 auch der grobe Verstoß gegen das Krankheitsregime. Arbeitnehmer, die während der Krankschreibung Umfang und Zeit der Ausgänge überschreiten oder ihren Aufenthaltsort verlassen, müssen mit Entlassung rechnen. "Es muss sich aber wirklich um einen groben Verstoß handeln", erklärt Arbeitsrechtsexperte Braun. Das sei beispielsweise der Fall, wenn der Arbeitnehmer während der Krankheit Ski fährt.

Die aktuelle Rechtsprechung zeigt, dass die Gerichte grobe Verletzungen der Pflichten, die sich auf die geleistete Arbeit beziehen, als Grund für eine fristlose Kündigung akzeptieren, sofern es sich um einen Angriff gegen das Leben, Gesundheit oder Eigentum des Arbeitgebers handelt. Nach Einschätzung von Juristen gilt dies auch für jeden Versuch eines Arbeitnehmers, sich zum Nachteil des Arbeitgebers zu bereichern. Ein konkreter Fall betraf zuletzt die Fälschung der Arbeitszeiterfassung. Dennoch wird bei weniger eindeutigen Fällen eine Aufhebung des Arbeitsverhältnisses vorgezogen.

Bei betriebsbedingter Kündigung muss eine Abfindung gezahlt werden, die sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit richtet: ein Monatsgehalt bei bis zu einem Jahr Betriebszugehörigkeit, zwei Gehälter bei maximal zwei Jahren und drei Gehälter ab zwei Jahren Betriebszugehörigkeit. Sozialpläne müssen nur ausnahmsweise, wenn tarifvertraglich vorgesehen, vereinbart werden.

Seit der Finanzkrise 2008/09 mit steigenden Arbeitslosenzahlen sind Arbeitnehmer eher bereit, gegen Kündigungen zu klagen (die gesetzliche Frist zur Klageerhebung beträgt zwei Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses). Das kann teuer werden, da ab dem Einreichen der Kündigungsklage beim normalen Amtsgericht bis zum Urteilsspruch zwei oder mehr Jahre vergehen können, für die dem Arbeitnehmer Lohn zustehen. Allerdings hat seit 2012 das Gericht die Möglichkeit - aber nicht die Verpflichtung - nach sechs Monaten auf Antrag des Arbeitgebers die Ansprüche des Arbeitnehmers zu limitieren. Da es bei Kündigungsklagen um hohe Summen gehen kann, wird häufig der Versuch unternommen, sich außergerichtlich zu einigen. Arbeitsrechtsexperte Braun empfiehlt, seit dem 1.1.14 außergerichtliche Verhandlungen erst nach der Einreichung der Klage zu beginnen, um die Unterbrechung der zweimonatigen Frist zur Klageerhebung zu vermeiden.

Die Regeln für die Vereinbarung eines nachvertraglichen Konkurrenzverbotes wurden 2012 gelockert. Dennoch wird eine solche Klausel in der Praxis selten vereinbart. Der Grund: Für jeden Monat der Einhaltung des Wettbewerbsverbots ist eine Karrenzentschädigung von mindestens der Hälfte des Monatsgehalts zu zahlen. Wie Anwalt Arthur Braun erläutert, ist es empfehlenswert, in der Konkurrenzklausel Gründe zu vereinbaren, bei denen der Arbeitgeber noch vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses von der Konkurrenzklausel zurücktreten kann. Anderenfalls hat der Arbeitgeber fast keine Chance, von der Konkurrenzklausel zurückzutreten.

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