Rubrik: Kultur | 2.1.2016
Experimentierfreude der 60er und 70er Jahre ist dem Mainstream gewichen

Vor der Wende waren Jazzer aus der Tschechoslowakei gefeierte Exoten auf westeuropäischen Festivals: Exoten, weil sie wegen der strengen Reisebestimmungen selten im Ausland gastieren durften; gefeiert, weil der tschechische Jazz zum Besten gehörte, was der alte Kontinent in der improvisierten Musik aus der Neuen Welt hervorgebracht hatte.

Der Eiserne Vorhang war keineswegs schalldicht, und darum wurden Musiker wie Jiří Stivín (Multi-Intstrumentalist, vor allem Flöten und Saxophone), Karel Růžička (Klavier), Milan Svoboda (Piano), Laco Déczi (Trompete), František Uhlíř (Bass) und andere internationale Größen. Für Prag-Reisende gehörte ein Jazz-Abend im legendären Reduta zum Pflichtprogramm, da hier die "local heroes" spielten.

Doch die besten Zeiten sind für das Reduta vorbei, wie es auch überhaupt um den tschechischen Jazz schon einmal besser bestellt war. Die Experimentierfreude der 60er und 70er Jahre ist einer Renaissance des Mainstream gewichen, vielleicht auch, weil das "publikumfreundlicher" oder schlichtweg lukrativer ist.

Was die Locations betrifft, bevorzugen die Musiker heute kleinere Prager Clubs, etwa U malého Glena, Agharta, Jazz Club Železná und U staré paní. Vom Programm her unterscheiden sich diese nicht allzu sehr, dafür ist die Prager Szene zu klein, zu eng verflochten und zu einheitlich.

So spielt der Pianist Jan Knop mal als Bandleader mit seinem Najponk Trio, mal als Begleitmusiker der aufregendenden Vokalistin Ivonne Sanchez, mal unter der Führung des Bassisten Robert Balcar. Sie alle sollte man, von der Zusammensetzung unabhängig, gehört haben, aber ein Muss ist keiner.

Sternstunden erlebt der Prager Jazz, wenn eines seiner größten Talente zu Besuch kommt: Karel Růžička jr., Sohn des Piano-Altmeisters gleichen Namens. Der Youngster, ein Magier am Saxophon, hatte Mitte der 90er an einem Workshop teilgenommen, den ein Saxophonist aus der Winston Marsalis Band in Prag gab. Als er ihn hörte, sagte er: "Du bist ganz gut, aber du hast einen Fehler. Du bist in Prag." Růžička jr. hat den Fehler schnell behoben. Er lebt seit Jahren in New York und kommt schaut nur ab und zu daheim vorbei.

Sehenswerte Musiker/Bands

Jan Knop und Najponk Trio (Klavier)
Ivonne Sanchez (Stimme, Latin Jazz)
Karel Růžička (Klavier)

Extra-Tipp: Karel Růžička jr . (Saxophon)

Weitere Infos: www.redutajazzclub.cz, www.malyglen.cz, www.agharta.cz, www.jazzungelt.cz, www.jazzdock.cz Themen: Jazz-Clubs, Jazz
Zuletzt aktualisiert: Dienstag, 15. März 2016 - 17:20

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Das Divadlo Metro ist ein traditionsreiches Schwarzes Theater im Prager Stadtzentrum. Es befindet sich in der Passage Metro an der Nationalstraße und spielt fast täglich. Derzeit hat es zwei nonverbale Stücke im Repertoire, die ohne Sprachbarriere und dabei für alle Generationen und Alterskategorien gleichermaßen unterhaltsam sind.

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