Prag - Nur einen Tag nach den Parlamentswahlen in Tschechien haben die politischen Ränkespiele um die Regierungsbildung ihr erstes Opfer: nämlich Bohuslav Sobotka, den Vorsitzenden der ČSSD (Foto).
Am späten Sonntagnachmittag verabschiedete der ČSSD-Vorstand in namentlicher Abstimmung eine Resolution, mit der der Parteivorsitzende aufgefordert wurde, seinen Posten zu räumen und somit die "direkte persönliche und politische Verantwortung für das historisch schlechteste Ergebnis der ČSSD" bei Wahlen zum Abgeordnetenhaus zu übernehmen. Für die Entschließung stimmten 20 Mitglieder des Parteivorstands, 13 stimmten dagegen.
Sobotka wurde zudem vom Verhandlungsteam ausgeschlossen, das über die Bildung einer neuen Regierung verhandeln soll. Mit der Führung des Verhandlungsteams wurde stattdessen Sobotkas parteiinterner Rivale Michal Hašek betraut. Wie die ČSSD auf ihren Webseiten mitteilt, gehören dem Team Lubomír Zaorálek, Milan Chovanec und Jeroným Tejc an.
Der Online-Dienst Novinky.cz fasste die Entwicklung in der sozialdemokratischen Führung unter der Überschrift "Sobotkas Hinrichtung" zusammen. Medienberichten nach lehnt Sobotka aber einen Rücktritt ab.
Nach Informationen von Novinky.cz hatte sich Präsident Miloš Zeman bereits am Samstag kurz nach Verkündung des Wahlergebnisses in die Verhandlungen über die Regierungsbildung eingeschaltet. So soll er am Abend auf Schloss Lány den zweiten Mann der ČSSD Michal Hašek, den stellvertretenden Parteivorsitzenden Zdeňek Škromach und den vermutlich künftigen Fraktionsführer Jeroným Tejc zu geheimen Gesprächen empfangen haben. Nicht mit dabei: Bohuslav Sobotka.
Die Sozialdemokraten waren zwar bei den Parlamentswahlen erwartungsgemäß stärkste Kraft geworden. Mit nur 20,45 Prozent Stimmenanteil fiel ihr Ergebnis aber noch schwächer aus als bei den Wahlen vor drei Jahren und blieb weit hinter den Prognosen oder gar den von Parteichef Bohuslav Sobotka als Wahlziel anvisierten 30 Prozent zurück. (nk)