Prag - Der Milliardär Andrej Babiš mischt mit seiner populistischen Bewegung ANO derzeit die tschechische Parteienlandschaft kräftig auf und möglicherweise auch schon die Karten für die Regierungsbildung nach den Parlamentswahlen neu.
Angesichts sinkender Umfragewerte der Sozialdemokraten schmilzt nämlich die demoskopische Mehrheit von ČSSD und KSČM wie Schnee im Prager Altweibersommer dahin. Am Ende könnte der Unternehmer und frischgebackene Medienmogul bei der Regierungsbildung somit gar eine Schlüsselrolle spielen.
Allerdings halten die etablierten Parteien derzeit Distanz zu dem politischen Neuling. Umgekehrt wird Babiš nicht müde zu betonen, mit den "korrumpierten" bürgerlichen Parteien ODS und TOP 09 nicht in eine Regierung eintreten zu wollen. Von den tschechischen Sozialdemokraten wiederum trennten ihn die nicht in Übereinstimmung zu bringenden Programme.
Als Anschauungsbeispiel nannte Babiš heute bei der Vorstellung seiner wirtschaftspolitischen Prioritäten die Haltung zum Euro. Wie der Online-Dienst Novinky.cz berichtet, sprach sich Babiš dabei klar gegen eine Festlegung auf einen Termin zur Einführung der europäischen Gemeinschaftswährung in Tschechien aus. Vielmehr sei die sicherste Garantie, um den tschechischen Export zu stützen, der Erhalt der eigenen nationalen - am besten schwachen - Währung.
"Es ist gut, dass wir die Krone haben, und ich weiß nicht, wovon die ČSSD ausgeht, wenn sie ein festes Datum festlegen will", zitiert Novinky.cz den 59-jährigen gebürtigen Slowaken, der sich gern als kultivierter und mitfühlender Selfmademan geriert. Und: "Was hat die Slowakei vom starken Euro, wenn sie da so viele Arbeitslose haben."
So bringt Babiš die Frage der Euro-Einführung auf eine einfache Formel: Die tschechische Krone und Zentralbank ČNB sind der beste Garant für die Unterstützung des tschechischen Exports und somit für die tschechische Industrie. Geht es der Industrie gut, geht es auch der Wirtschaft gut. Geht es der Wirtschaft gut, entstehen neue Arbeitsplätze. Wir wissen, wie es geht. Wir können es. Eine klare Botschaft.
Und während die etablierten Parteien sich mühen, ihre Wähler mit einem zugkräftigen Thema zu mobilisieren, hat Babiš mit sicherem unternehmerischen Instinkt eine Saite angeschlagen, die in den letzten verbleibenden Tagen vor der Wahl möglicherweise noch einmal für eine spürbare Resonanz beim Wahlvolk sorgt. (nk)