Pariser Straße. In Prag ist der Name Programm: Die Schaufenster entlang des eleganten Boulevards präsentieren nicht nur die großen Modemarken der Welt, sondern auch die exquisitesten tschechischen Glas-, Schmuck- und Modedesigner.
Die teuerste und luxuriöseste Einkaufsstraße Prags führt mitten durch das einstige jüdische Viertel, nämlich die um die Jahrhundertwende assanierte Josephstadt (Josefov): vom Altstädter Ring bis zur Brücke Čechův most.
Auf der verlängerten Achse der Pariser Straße, gegenüber auf der anderen Seite der Moldau, thronte seit 1955 das monumentale Stalindenkmal - bis es im Jahr 1962 gesprengt wurde. Seit 1991 erinnert an der selben Stelle, und vom Altstädter Ring ebenso gut sichtbar, das unentwegt pendelnde Metronom an die Vergänglichkeit der Macht.
Prachtboulevard nach Pariser Vorbild
Die etwa 660 Meter lange Straße entstand während der Assanierung der Judenstadt an der Jahrhundertwende. Die neue, vom Altstädter Ring ausgehende Trasse nahm bis auf einige Ausnahmen praktisch keine Rücksicht auf die bisherige Straßenführung. Kein Wunder, schließlich sollte das unüberschaubare verwinkelte Gewirr aus kleinen Straßen und dunklen Gassen des Judenviertels doch gerade beseitigt werden.
Ursprünglich trug der großzügig angelegte Boulevard den Namen Mikulášská třída - in Anlehnung an die gleichnamige Kirche an der Ecke des Altstädter Rings. Ihren heutigen, die französische Hauptstadt ehrenden Namen erhielt die Straße erst 1926.
Den Plänen nach sollte die breite Flaniermeile eigentlich teil einer langen Prachtstraße werden, die vom Nationalmuseum über den Wenzelsplatz, die Altstadt durchquerend über den Altstädter Ring, durch die heutige Josephstadt und bis auf die Letná-Ebene führen sollte. Vorbild dieser Pläne: die Pariser Champs-Élysées.
Der ambitionierte Plan wurde jedoch nie verwirklicht - aus heute gut nachvollziehbaren Gründen: Fehlende Geldmittel und der später auch Widerstand der Bewohner der Altstadt verhinderten den modernistischen Kahlschlag und die größenwahnsinnige Gentrifizierung des mittelalterlichen Stadtkerns.
Touristen, die das erste Mal in Prag sind und "das klassische Besuchsprogramm" mit einem Stadtführer absolvieren, werden ziemlich sicher durch die Pařížska gelotst, um dann etwa auf gefühlter halber Strecke nach links zur Altneu-Synagoge und zum Alten Jüdischen Friedhof abzubiegen.
Luxusmeile für Gutbetuchte
Wer aber in der Pařížská einkauft, achtet ziemlich wahrscheinlich weniger aufs Geld, als viel mehr aufs Prestige. Und da kommt jeder auf seine Kosten: Egal ob elegante Abendrobe, lässiger Sportdress, böhmisches Glas, goldene Uhren, Brillanten und Juwelen oder maßgeschneiderte Schuhe – für die entsprechende Gegenleistung ist hier (fast) alles zu haben.
Nicht umsonst gibt es in der juristischen Fakultät der Karls-Universität am Ende der Pařížská auch den Scherz, dass ein kurzer Spaziergang auf der Prachtstraße die beste Motivation in einer langen Lernphase sei.
Dabei zeichnen sich nicht nur die Geschäfte durch besonders luxuriöse Güter aus – selbstverständlich gehören auch die Immobilien der Pariser Straße zu den teuersten nicht nur der Stadt, sondern auch in Europa.
Für den tschechischen Otto Normalverbraucher wird die Pariser Straße auch dadurch endgültig zum Luxussymbol, das ihn in einer Mischung aus Neid und Stolz vor dem Boulevard erschaudern lässt. Denn wer hier wohnt, könnte es sich ziemlich sicher leisten, auch in jeder anderen Straße der (französischen) Hauptstadt zu wohnen.
Und für den, der genug hat von Cartier bis Versace, für den warten elegante Cafés und (koschere) Restaurants mit einem breiten Angebot exquisiter Speisen und Spitzenservice auf. Hoffentlich.
Um die in der Pariser Straße wartenden Taxis sollte man jedenfalls einen großen Bogen machen. Das empfehlen Prager und erfahrene Prag-Touristen. Denn ziemlich sicher gehören die Fahrer zur Prager Taxi-Mafia, die sich darauf spezialisiert hat, ausländische Touristen auszunehmen und systematisch beim Fahrpreis zu betrügen.