Der Autor

Jonathan Böhm, geb. 1983 in Zwickau (Sachs.), lebt in Leipzig. Er studierte Komparatistik, ev. Theologie und Latinistik in Leipzig und Prag sowie Literarisches Schreiben am Deutschen Literaturinstitut Leipzig.

Er war Stipendiat der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Im Jahr 2015/16 war er Mitherausgeber der Tippgemeinschaft, der Jahresanthologie der Studierenden des Deutschen Literaturinstitutes Leipzig.

Veröffentlichungen finden sich unter anderem in der Anthologie Tippgemeinschaft, den Zeitschriften Bella Triste, sowie Sinn und Form. Im Oktober 2016 erschien seine Erzählung „Mandana“ im hochroth-Verlag Leipzig. Für seine Kurzgeschichte »In den Farben der Republik« erhielt er im Januar 2017 den Förderpreis 2016 der Sudetendeutschen Kulturstiftung.

Im Frühjahr 2018 war er Stipendiat des Goethe-Instituts Tschechien im Kloster Broumov. Im Mai und Juni 2019 Aufenthaltsstipendium der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen im Prager Literaturhaus.

Bildnachweis:
© Archiv Jonathan Böhm

Blog

| Jonathan Böhm | 3.9.2019

14.05.19

Frühstück. Anouk zur Schule bringen und auf dem Rückweg die Verabredung für Donnerstag organisieren. Mit einer Freundin deren Namen sie sich mal wieder nicht merken kann… Mittags: Gemüsepfanne mit Reis gemacht. Kurzer Mittagsschlaf. Dann nochmal an den Schreibtisch. Karo hat einen Termin beim Korrespondenten der ARD und fährt zum Studio auf die Kleinseite. Ich gehe nach einem kleinen Kaffeetrinken mit Joram los, um Anouk abzuholen. Kleiner Einkauf in Supermarkt in Ládví, Kartoffeln, Joghurt. Rückfahrt.

Karoline kommt aus der Stadt. Der Korrespondent will mich gerne kennenlernen. Bauchpinselt mich ein bisschen. Kinder in der Wanne. Abendbrot für Joram. Dann mache ich mich frisch und gehe zu einem Vortrag in das Literaturhaus: »Aus der Sexualhölle« irgendein Autor, vom dem ich noch nie gehört habe. Aber ich bin zu spät. Der Vortrag hat schon vor einer Stunde angefangen. Ich kriege noch etwas eine reichliche halbe Stunde den Rest mit. Wie der Germanist, den Text mit psychoanalytischer Deutung zerhackt, wie und wo der Vater drin steckt und warum der Scheitel einer Frau das Symbol für ihr Geschlecht ist usw., es ist trocken und ermüdend und ich bin heilfroh, dass ich sowas nicht mehr machen muss.

Danach rede ich noch mit der Praktikantin, die auch aus Leipzig kommt, zwei Tage die Woche hier ist und drei Tage in Leipzig zum Studium. Es gefiele ihr hier sehr und sie könne sich vorstellen, hier ganz zu leben, sagt sie, was ich nur zu gut verstehen kann.

Frau Š. empfiehlt mir noch ein gutes Antiquariat, als ich ihr erzähle, dass ich gerade auf der Suche bin nach der Buchausgabe von »Perlíčka na dně«. Die Gäste sind weg und wir reden noch ein bisschen über Smíchov und die Franzosen die so zahlreich dort leben. Dass komme davon meint Herr Stecher, dass fast alle Gebäude an der westlichen Uferseite der BNP Parisbas gehörten, die stark im Immobiliensektor in Tschechien vertreten sei und dement- sprechend viele Franzosen würden also auch hier leben, es gebe dort auch eine französische Schule usw.

Am Abend noch Telefonat mit P. der mich bittet ein oder zwei Kapitel seiner Dissertation Korrektur zu lesen, was ich gerne zusage, wenn ich auch seit einiger Zeit schon eine große Abscheu vor wissenschaftlichen Texten habe, diese trockene Sprache, aber diese freudloses Formatierungen, Schriftarten…

Beschließe den Abend mit Karo am offenen Fenster bei Zigarette und Bier, während wir beobachten, wie der Eiffelturm abwechselnd blau, weiß und rot angestrahlt wird. Irgendwann bleibt er rot. Blutpenis, meint Karoline trocken.

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