Der Autor

Gert Loschütz wurde als "der David Lynch unter Deutschlands Romanautoren" bezeichnet, viele seiner Texte thematisieren das Unheimliche. Er wird aus seinem hoch geschätzten Roman Dunkle Gesellschaft lesen, für den er 2005 auf die Shortlist des Deutschen Buchpreises gewählt wurde. Er ist auch Verfasser von zahlreichen Theaterstücken, Hörspielen und Fernsehspielen.

Gert Loschütz wurde 1946 in Genthin (Sachsen-Anhalt) geboren, 1957 übersiedelte die Familie nach Hessen. 1968 wurde er zur Tagung der Gruppe 47 auf Schloss Dobříš eingeladen, die jedoch wegen des Einmarschs der Truppen des Warschauer Paktes nicht stattfinden konnte. Gert Loschütz lebt in Berlin.

​Im November 2016 ist er Stipendiat des Prager Literaturhauses.

 

 

Bildnachweis:
Björn Steinz

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| Gert Loschütz | 19.11.2016

18. November 2016, zurück in Prag

12.

Gegen Mittag unter dem grauen Regenhimmel, plötzlich hinterm Wehr auftauchend, nacheinander acht leuchtend gelbe Paddelboote mit acht ebenfalls in leuchtende Farben gekleideten Paddlern, die flussabwärts fahren, Richtung Karlsbrücke, acht gelbe, blaue, grüne, rote Punkte.

Können wir da auch hinfahren, fragt L. am Telefon, als ich ihm vom Besuch in Lostice erzähle. Können wir, erwidere ich, aber nicht gleich, und erzähle ihm die etwas dämlich klingende Geschichte vom Käse, den es so kurz nach dem Krieg nicht gegeben habe, jedenfalls bei uns nicht, im Osten, der einzige Käse, den es gab, war Harzer, den mein Vater aus einem Grund, den ich vergessen (oder gar nicht gekannt habe), aus dem Werk mitbrachte, weshalb ich ihn Arbeiterkäse nannte. Wenn ich nicht essen wollte, sagte meine Mutter: Aber das ist doch Arbeiterkäse. Und dann aß ich ihn anscheinend. Andere Käsesorten habe ich erst später kennengelernt, im Westen. Und jetzt höre ich also, dass der Harzer oder Handkäs, als dessen Urform der Olmützer Quargel, Olomoucké tvarůžky, gelten kann, aus Lostice/Loschitz stammt, wo seine Herstellung seit 1712 nachweisbar ist.

In Olomouc, abends im Hotel, fiel mir David Schütz ein, ein israelischer Autor, der in Jerusalem wohnte. In den Neunzigern haben wir uns öfter getroffen. Einmal saßen wir zusammen im Café, als er sich vorbeugte und sagte: Weißt du, dass du meine Verneinung bist? Da ich nicht verstand, erklärte er: Ich bin Schütz (oder Schitz, wie es, da wir keine Umlaute haben, bei uns heißt), und du bist Nicht-Schitz. Im Hebräischen heißt Lo nämlich so viel wie Nein, Nicht.

         Nein, wusste ich nicht, hab es mir aber gemerkt.

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