Das vierte Spiel im Kampf um die Schachweltmeisterschaft erinnerte über weite Strecken ans Armdrücken. Beide Spieler wendeten sämtliche Kräfte auf, allerdings ohne den Gegner niederzureißen.
Carlsen eröffnet mit Weiß, zieht den Königsbauern, Anand wählt die solide Sizilianische-Verteidigung mit Schwarz. Beide entwickeln ihre Figuren, folgen theoretischen Abspielen. Anand erhält zwar einen isolierten Bauern (das ist ein Bauer, der nicht von anderen Bauern gedeckt werden kann) - etwas, das man vermeiden möchte. Carlsen kann daraus jedoch kein Kapital schlagen, überhaupt spielt er für seine Verhältnisse recht unpräzise heute.
Es wird viel abgetauscht, am Ende finden sich beide im Damenendspiel wieder, in dem Anands isolierter Bauer plötzlich durchaus Gefahrenpotential in sich birgt. Bevor ernsthaft Probleme für Carlsen entstehen können, entschließt dieser sich, den schwarzen König durch Dauerschach sanft ins Remis zu schaukeln.
Diese Partie war im Vergleich zu den bisher gespielten eher ruhig und barg im Grunde keine brenzligen Höhepunkte. Anand kann als Schwarzspieler mit dem Remis zufrieden sein, neue Erkenntnisse brachte die Partie allerdings nicht.
Der Kampf der Ideen geht unvermindert weiter.
Spieltag 5
Anand spielte wieder mit den weißen Steinen und eine spannende Frage war im Vorfeld der Partie, wie sich Carlsen wohl vorbereitet hat; war er in der dritten Partie doch böse mit Schwarz auf's Rad geflochten worden.
Der Herausforderer eröffnet wieder mit dem Damenbauern und zunächst ähnelt die Partie der dritten. Dann spielt Carlsen jedoch anders, er wählt die Damenindische-Verteidigung.
Kleine Anekdote am Rande: Bisher hat derjenige, der mit Schwarz spielt, immer eine neue Eröffnung gewählt; keine Partie verläuft wie die andere.
Carlsen wählt zunächst ein Nebenabspiel, verlässt die eingetretenen Pfade der Hauptvarianten, um seinen Gegner aus dem Konzept zu bringen, tatsächlich spielt er recht schnell.
Es werden einige Figuren abgetauscht, Anand erhält wieder einen isolierten Bauern, aber gleichzeitig auch das wertvolle Läuferpaar.
Lange ist die Partie ausgeglichen, die Stellung offen; dennoch hat Anand die Initiative und will kein vorschnelles Unentschieden. Er erspielt sich eine bessere Bauernstruktur und hat den Läufer gegen den Springer - in den meisten Fällen ein Vorteil. Dieser schmilzt dann aber zusammen, als weitere Bauern am Damenflügel getauscht werden. Am Ende hat jeder Spieler noch einen Bauern und einen Turm: Man einigt sich auf Unentschieden.
Interessant: Nach dem Ende sitzen die beiden Gegner noch gemeinsam am Brett und analysieren kurz das Geschehene. Das ist bei solchen Duellen nicht unbedingt selbstverständlich. Denkt man etwa an die vergangenen Duelle der Erzrivalen Kasparov und Karpov oder die hässliche Auseinandersetzung zwischen Kramnik und Topalov, beschränkt sich diese Weltmeisterschaft auf den Kampf am Brett. Man respektiert sich.
Fazit: Anand spielt gut, aber um den Weltmeister erneut zu bezwingen, war das zu wenig; an einigen Stellen hätte er ambitionierter fortsetzen können.
In den nächsten beiden Partien hat Carlsen zweimal die weißen Steine.