Eigentlich sollte man sich mit ein bisschen Vorlauf bei möglichen Gastgebern bei Couchsurfing melden. Dennoch hatten wir Glück und binnen zwanzig Minuten meldete sich Jakub auf unsere Anfrage, die wir in den umliegenden Städten gestreut hatten, zurück. Er könnte uns einen Schlafplatz in Budweis anbieten. Wir nahmen dankend an und machten uns auf den Weg. Nach einer einstündigen Fahrt trafen wir am Bahnhof von Budweis ein, wo unser Gastgeber schon auf uns wartete. Bei einem Abendessen in einem indischen Restaurant, zu dem wir Jakub einluden, lernten wir uns ein wenig kennen.
Nach dem Essen ging es zu Jakub nach Hause, wo wir ihm von unseren weiteren Plänen erzählten und er sich sehr über unser Interesse an seiner Region freute. Er hat in Prag Ökologie studiert und holte schnell einen Bildband hervor, der sich mit Flora und Fauna der Region beschäftigte. Nach seinen Erzählungen waren wir Feuer und Flamme und hätten gerne am nächsten Tag einen der zahlreichen Wanderwege bewandert, mussten aber feststellen, dass man diese deutlich besser erreichen könnte, wenn man mit dem Auto dort wäre. Dies war das einzige Manko, das wir am Reisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln ausgemacht haben. Daher entschlossen wir uns spät abends dazu, am nächsten Tag zum Schloss Hluboká nad Vltavou zu fahren. Nachdem wir nach einiger Diskussion das Angebot von Jakub, zu dritt in seinem Doppelbett zu schlafen, ausgeschlagen haben, haben wir schnell tief und fest auf seiner Wohnzimmercouch beziehungsweise auf Isomatten geschlafen.
Als wir am nächsten Vormittag aufwachten, war Jakub schon bei der Arbeit. Er hat uns angeboten, uns einen Wohnungsschlüssel da zu lassen, sodass wir unser Gepäck den Tag über bei ihm stehen lassen konnten – sehr vertrauensvoll, für uns aber sehr praktisch, da wir uns so keine Gedanken um unser Gepäck machen mussten. Dann ging es mit dem Bus für ca. 1,50 Euro vom ZOB Budweis in die nahegelegene Stadt Hluboká nad Vltavou. Der recht steile Aufstieg zum Schloss über Stock und Stein hat sich aber mehr als gelohnt. Schon vom Weg aus hatte man eine wunderbare Aussicht über das Tal, in dem sich Felder mit großen, gelb leuchtenden Heuballen, ein Golfplatz und ein großer Karpfenteich befindet.
Als wir dann aber um die Ecke bogen und das Schloss zum ersten Mal sahen, wurden wir für den schweißtreibenden Aufstieg komplett entschädigt. Dort strahlte das weiße Schloss, das nach zahlreichen Umbauten und Eigentümerwechseln nun im neugotischen Stil daherkommt, mit der Sonne um die Wette. Wir waren nicht überrascht, dass dieses oft als das schönste Schloss in Tschechien angeführt wird und bei Romantikern sehr beliebt ist. Da wir aber auf dieser Reise alles sehr spontan entschieden, hatten wir keine Karten für eine der angebotenen Führungen reserviert und die Schlange vor dem Ticketbüro hielt uns auch weiterhin davon ab, an einer solchen teilzunehmen. So entgingen uns die wohl sehr lohnenswerten, reich geschmückten Säle des Schlosses. Stattdessen spazierten wir aber durch den englischen Schlosspark und genossen den Blick auf das Anwesen und über das Tal. Daran anschließend gingen wir noch einmal ins Tal zurück und ließen mit Blick auf den Karpfenteich, in dem immer mal wieder ein riesiges Exemplar dieser im Wasser herumhüpfte, die Seele baumeln bevor wir uns auf die ca. 45-minütige Heimreise begaben.
Wieder in Budweis angekommen, mussten wir natürlich noch das obligatorische Budweiser trinken, das originale Budweiser, wie uns Jakub erklärte, den wir dazu wieder einluden. Erst waren wir in einer Bar im Centrum von Budweis, dann bekamen wir noch Appetit auf eine Kleinigkeit zu essen. Jakub schlug eine kleine abendliche Stadtführung vor, die dann in seiner Lieblingskneipe enden sollte. So bekamen wir dank unseres tschechischen Gastgebers auch noch das historische Stadtzentrum von Budweis zu sehen, das 1980 in die Liste der städtischen Denkmalreservate in Tschechien aufgenommen wurde. Abgerundet wurde unser Tag mit einem leckeren gegrillten Hermelinkäse in der rustikalen Hinterhofkneipe "Zelezna Panna" unweit der Maltsch, bevor wir fix und fertig, aber sehr zufrieden, in unsere improvisierten Betten fielen.