Ich habe in meinen bisherigen vier Monaten als Austauschstudent in Prag viel über verschiedene Kulturen erfahren und diese näher kennen lernen dürfen. Natürlich geht es dabei in erster Linie um die tschechische Kultur, darüber hinaus aber auch um die Kulturen meiner Freunde aus ganz Europa, die ich über das Erasmus-Austauschprogramm kennen gelernt habe. Darunter befinden sich unter anderem Finnen, Dänen, Schotten, Engländer, Spanier, Belgier, Deutsche und Franzosen. Letztere erlebten mit den Geschehnissen rund um den Anschlag auf das Satiremagazin "Charlie Hebdo" eine der dunkelsten Stunden in der jüngeren Geschichte ihres Landes aus der Ferne. Sie alle waren zu tiefst betroffen und hatten das Bedürfnis ihre Anteilnahme und ihre Unterstützung offenkundig zu zeigen, auch wenn sie sich nicht in ihrem Heimatland befinden.
Angesichts dieses Bedürfnisses organisierte die französische Botschaft in Prag, am Donnerstag den 8.1.2014, eine Solidaritäts-Veranstaltung. Ich entschloss mich, gemeinsam mit meinen Freunden dieser Veranstaltung beizuwohnen, da meiner Meinung nach, ein solch grausames Verbrechen gegen die Meinungsfreiheit, aber insbesondere gegen das Leben des Einzelnen, nicht unbeachtet bleiben darf. Mit einer Vielzahl von Franzosen, aber auch Freunden aus anderen Nationen, traf Ich abends auf dem Velkopřevorské náměstí zwischen französischer Botschaft und "John Lennon Wall" ein, wo sich bereits eine große Menschenmenge von schätzungsweise 400-500 Personen versammelt hatte. Wie passend, dass eine friedliche Versammlung zum Zeichen gegen den Fanatismus und für die Freiheit vor einem Wahrzeichen für Frieden und Freiheit, wie der "John Lennon Wall", stattfand.
Die Atmosphäre war sehr friedlich und viele der Anwesenden legten vor der Botschaft Blumen und Nachrichten nieder oder entzündeten Kerzen. Auf Aufforderung des französischen Botschafters in Prag: Jean-Pierre Asvazadourian, hielten viele Beteiligte Schilder und Plakate mit den Aufschriften: "Je suis Charlie" oder "Jsem Charlie" (Ich bin Charlie) hoch. Für mehrere Minuten war der gesamte Platz so still, dass man den Nieselregen prasseln hören konnte. Nachdem sich der Botschafter anschließend mit wenigen Worten bei den Anwesenden bedankte, gab es einen längeren ruhigen Applaus. Jean-Pierre Asvazadourian ging danach in die Menge, sprach mit vielen Leuten und bedankte sich persönlich.
Insgesamt verbrachte ich etwas mehr als eine Stunde vor der französischen Botschaft, gemeinsam mit Franzosen, Tschechen und Europäern. Alle gemeinsam haben an diesem Abend ein Zeichen als Prager gesetzt: Auch in der Tschechischen Republik gibt es Solidarität für die Opfer des Angriffs auf "Charlie Hebdo".
Alle gemeinsam haben gesagt:
"Je suis Charlie!"
"Ich bin Charlie!"
"Jsem Charlie!"