Wer wird heute am Klavier sitzen? Das Public Playing auf öffentlichen Instrumenten scheint in Tschechien viel verbreiteter zu sein als im sonstigen Europa. Amsterdams öffentliche Bibliothek nennt sich „Wohnzimmer der Stadt“ und ist stolz, im Eingangsbereich ein Klavier stehen zu haben. Das darf aber nur benutzen, wer, so verlangt es die Hausordnung, „richtige Stücke“ zu intonieren vermag. Hier in Prag wirkt das etwas selbstverständlicher und demokratischer: Immer spielt irgendjemand, wenn ich an einem der Public Pianos vorbeikomme, zum Beispiel auf dem Weg zwischen Stipendiatenwohnung und Literaturhaus, im kleinen Park.
Mapsme ist eine wunderbare App für Landkarten und Stadtpläne aller Art. Aber ein bisschen irritierend ist es schon, wenn die Prager Straßennamen automatisch ins Deutsche übersetzt werden. Zumindest dann, wenn einem die historischen Eindeutschungs-Bemühungen bewusst sind.
Dafür habe ich jetzt die Sache mit Sitte verstanden. Er hat seinen Platz in der „Sudetendeutschen Zeitung“, trotz „DDR“ und so fort, weil er in Chrastava geboren wurde. In Kratzau, wie man damals sagte. Als Textilmusterzeichner an der Reichenberger Kunstschule zeigte er so viel Talent, dass er 1940 an die Hermann-Göring-Meisterschule in Kronenburg empfohlen wurde. Dort war Sitte allerdings derart aufmüpfig, dass er schon 1941 an die Ostfront einberufen wurde. 1944 desertierte er. Wieder so ein unerwarteter Lebenslauf.