Immer wieder kommt es beim Überqueren von Bahn- oder Straßenbahngleisen zu schweren Unfällen mit Personenschäden oder Todesfolge. Schuld daran dürfte vor allem die Unachtsamkeit sowie das Ignorieren offizieller Bahnübergänge sein. Auch am 09.01.2018 dürfte dies vermutlich wieder einmal der Grund für einen außergewöhnlich schweren Unfall gewesen sein.
Bei dem gestrigen Versuch die 4spurige Milady Horákové sowie die dort in der Mitte der Straße verlaufenden vier Straßenbahngleise kurz vor 17 Uhr unweit der Haltestelle Hradčanská in westlicher Richtung zu überqueren, wurde eine Frau von einer Tram erfasst, mitgeschliffen und unter dem ersten Wagen zwischen Schienen und Bordstein eingekeilt. Dass die Tram älteren Baudatums, nämlich der bekannten höher gebauten Tatra-Bahnen war, dürfte dem Unfallopfer zunächst das Leben gerettet haben. Eingekeilt, aber noch ansprechbar musste die Frau unter der Bahn bis zum Eintreffen der Rettungskräfte ausharren.
Bei der darauffolgenden Rettungsaktion kamen fast zeitgleich 4 Feuerwehrwagen, 3 Wagen der Unfallforschung (Nehody), 4 Polizeiwagen, ein Krankenwagen und ein Fahrzeug der Gelben Engel (Žlutý anděl) sowie ein Abschleppfahrzeug an die Unfallstelle. Die Prager Passanten verhielten sich dabei vorbildlich. Entweder halfen sie aktiv bis zum Eintreffen der Rettungskräfte bei der Betreuung des Opfers mit oder sie verließen zügig den Bereich, um Einsatzkräfte nicht bei ihrer Arbeit zu behindern. Der Straßenbahnverkehr in Richtung Osten wurde vorübergehend für die Zeit der Rettungsarbeiten gesperrt. Die Fahrgäste der verunglückten sowie aller nachfolgenden Straßenbahnen wurden angewiesen, die Trams zu verlassen und zur nächstgelegenen Haltestelle Hradčanská zu Fuß zu gehen. Gegen 17:30 Uhr konnte der Straßenbahnverkehr wiederaufgenommen werden. Die Frau wurde mit schwersten Verletzungen und Blutungen in eines der nahegelegenen Krankenhäuser gebracht. Wie später bekannt wurde, musste ihr ein Bein amputiert werden.
Für den schweren Unfall dürfte mit Sicherheit das Überqueren der Gleise an einer dafür nicht vorgesehenen Stelle verantwortlich gewesen sein, sowie das ohnehin dunkle Januarwetter und die bereits einsetzende Dämmerung, die die Fußgängerin schlecht sichtbar machte. Weiterhin ist die enorme Geräuschkulisse an der vielbefahrenen Milady Horákové ein Grund dafür, dass Passanten herannahende Straßenbahnen überhören sowie ihre Geschwindigkeit und die Entfernungen unterschätzen.
Für Nicht-Prager, also insbesondere für Touristen, dürfte der Fall deutlich machen, dass das Überqueren der Gleise, gerade an nicht offiziellen Übergängen, ein hohes Risiko darstellt. Auf der der Unfallstelle gegenüberliegenden Straßenseite befindet sich eine Bushaltestelle, die die Passantin vermutlich erreichen wollte. Zugegeben: Hier sind die Prager Stadt- und Verkehrsplaner gefragt, solche unnötigen Hürden zu vermeiden. Die Abkürzung über die Gleise kann dabei schnell zur Abkürzung in den Tod werden. Aber auch an offiziellen Übergängen können Unfälle passieren, wenn etwa Passanten verträumt auf ihr Handy statt auf die rote Fußgängerampel oder die Gleise schauen. Kürzlich erst hat die Stadt Honolulu im US-amerikanischen Bundesstaat Hawaii genau dies unter Strafe gestellt. Wer beim überqueren der Straße auf sein Handy schielt, muss mit einer Geldstrafe von 35 USD rechnen. Der Einsatz der Rettungskräfte sowie der Krankenhausaufenthalt mit anschließender Reha dürften weitaus teurer sein.
Konstantin J. Kowalewski
Prag, 10.01.2018
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