Das Eröffnungsspiel hat mir ja schon einiges Kopfzerbrechen bereitet. War das wirklich in Paris und nicht doch vielleicht aus Sicherheitsgründen in Bukarest? Woher kamen die vielen Fans in gelben Trikots, leicht als Anhänger Rumäniens zu identifizieren? Und warum sendet das französische Fernsehen mit französischen Untertiteln, wenn der Kommentar angeblich live sein soll? Und überhaupt, warum serviert das Institut francais – nach wie vor ohne Cedille bei mir – Pilsener Bier und nicht etwa Kronenbourg?
Egal, Tag zwei ist echt hart, ich muss mich schon mit Rockmusik dopen, ehe ich überhaupt den Weg zum ersten Spiel des Tages schaffe. Albanien gegen Schweiz darf man einfach nicht leichtfertig verpassen. Das wäre Verrat am ganzen Turnier, dem von Michel Platini aufgeblähten. Damit solche Spiele auch ordentlich ernst genommen werden, setze ich auch gleich mal einige Reizpunkte. Regel eins lautet, du hast dein Team und sonst keins. Ausnahmen werden nur den Iren gestattet, die zwei Teams haben, aber das wird sich nach der Vorrunde hoffentlich erledigt haben. Regel zwei lautet, rede keinen Unsinn. Das muss ich ganz rabiat durchsetzen, denn dämliche Fragen nach den Chancen von Österreich während eines Spiels von Albanien und der Schweiz sind einfach nicht zulässig.
Und damit habe ich auch schon alles über das erste Spiel des Tages gesagt. Albanien spielt naiv und kassiert nach fünf Minuten ein billiges Tor, nach einer halben Stunde eine unnötige Gelb-rote Karte und nach einer tollen vergebenen Chance eine alles in allem verdiente Niederlage. Ich denke, das war es dann, Albanien ist eines der nur acht Teams, von denen wir uns nach der Vorrunde verabschieden werden.
Im zweiten Spiel besiegt Wales vollkommen unverdient die Slowakei mit Zweizueins. Auch dieses Spiel lässt mich seltsam unberührt. Herrgott, hätten die Slowaken einen vernünftigen Tormann und nicht so viele dämliche Tattoos, dann hätte es auch ganz anders aussehen können. Immerhin verführt dieses Spiel einen Engländer, mit mir zu wetten. Und zwar – so fantasmiert er – hätte England 1970 mindestens das Halbfinale erreicht. Nun ja, lassen wir ihm seinen Traum, aber Uwe Seelers Kopfballtor mit dem Hinterkopf in der letzten Minute hat zu der Verlängerung geführt, die Deutschland schließlich ins Halbfinale brachte, jenes legendäre Spiel gegen Italien, das Deutschland schließlich 3:4 verloren hat. Nutzte Italien aber auch nichts, denn das Finale ging so klar verloren, wie seitdem kein Finale mehr. Und Pele schoss auch noch ein Tor, sein letztes während einer Weh Emm.
Um hundert Kronen reicher schaue ich mir schließlich auch noch das letzte Spiel des Tages an. England ist besser – natürlich – aber nicht gut genug und kommt über ein Einseins gegen Russland nicht hinaus. Warum sollten sie auch? Nicht mal Drinkwater von Meister Leicester City wird eingesetzt, da ist es ja auch kein Wunder, dass die Fluidität im Mittelfeld zu wünschen übrig lässt. Egal, Tag zwei der Eh Emm ist überstanden, an Tag drei tritt ja dann der Weltmeister an. Darauf freue ich mich überhaupt nicht, denn dafür muss ich mir einen ruhigen Ort suchen, wo ich incognito bleiben kann. Ohne diese langen Gesichter der Engländer, die ja nur auf eines warten.