Prag - Zum Spiel der Belgier ziehe ich eigens einen lustigen Hut an, er ist in den belgischen Nationalfarben gehalten. Dass es sich dabei nicht um die deutschen Farben handelt, ist vor Jahren in Köln erprobt, nein, es ist ein lustiger belgischer Hut, eigentlich eine Mütze mit ein paar Schlappohren, an deren Ende kleine Schellen hängen. Wenn ich den Kopf schüttele, läutet es leise, aber mir ist nicht besonders nach headbanging. In Fred’s Bar treffe ich Nick, ich bin an diesem Tag zu faul für den Weg in den Rieger-Park. Außerdem, was soll in dem Spiel schon groß passieren? Weder Nick noch ich glauben an irgendeine Überraschung, die sind bei FIFA-Turnieren wohl dosiert und mit dem Einzug Costa Ricas in das abschließende Viertelfinale auch ausgewürzt.
Frühe Entscheidung
Mir geht hingegen langsam dieser Artenschutz für Messi auf die Nerven, wenn er berührt wird, fällt er und wenn er fällt, fällt der Schiedsrichter darauf herein und pfeift. Ich protestiere lautstark, dass dies immer noch ein Sport für Männer ist, ganz im Bewusstsein der Tatsache, dass die deutschen Frauen in den vergangenen Jahren wesentlich erfolgreicher als die Männer waren.
Nach acht Minuten ist das Spiel sozusagen vorbei, Higuain zögert nicht lange und schießt aus der Drehung einen abgefälschten Pass in die lange Ecke, der Schiedsrichter kann eigentlich abpfeifen. Klar, dass sich Belgien noch bemüht und eigentlich auch recht gut spielt, für ihre Verhältnisse, versteht sich, doch sie kommen insgesamt nur zu einer guten Chance. Mir geht hingegen langsam dieser Artenschutz für Messi auf die Nerven, wenn er berührt wird, fällt er und wenn er fällt, fällt der Schiedsrichter darauf herein und pfeift. Ich protestiere lautstark, dass dies immer noch ein Sport für Männer ist, ganz im Bewusstsein der Tatsache, dass die deutschen Frauen in den vergangenen Jahren wesentlich erfolgreicher als die Männer waren. Es dauert halt, bis die Yogi-Reformen greifen, wahrscheinlich wird erst sein Nachfolger die Früchte der Aufbauarbeit ernten.
Was soll ich groß erzählen, alle haben es ja gesehen. Argentinien macht nur so viel, wie es muss, so gewinnen sie bisher jedes Spiel in diesem Turnier, Messi macht den Spielmacher und scheitert kurz vor Schluss alleine vor Torwart Courtoiser, Belgien kämpft, doch für den letzten Tick fehlt dann doch die Klasse. Spieler wie de Bruyne, Origi, Lukaku benötigen noch ein klein wenig Reife, dann kann es mal wieder was Großes in einem Turnier werden. Ich habe beständig das Gefühl, dass Argentinien wenn nötig noch eine Schippe drauflegen kann.
Holland im Elfmeterschießen
Wir wünschen uns Deutschland und Holland im Finale, um 1974 noch mal nachspielen zu können. In Wirklichkeit ist es mir aber egal, wer gegen Deutschland im Finale verliert. Denn das ist das einzige, was diesmal wirklich zählt. Yogi Löw hat’s gesagt und so wird es auch gemacht.
Holland macht im Spätspiel das Quartett der klangvollen Namen im Halbfinale komplett. Obwohl sie gegen den mit Abstand schwächsten Gegner spielen, müssen sie ins Elfmeterschießen. Es gibt solche Spiele, da will und will der Ball einfach nicht rein. Ich schaue in Tobi’s Bar, Sone und Jerome sind tatsächlich das, das nette Pärchen aus Utrecht vom Vortag. Ich fiebere mit ihnen, obwohl der neutrale Beobachter ja eher dazu tendiert, den Außenseiter zu unterstützen. Aber Costa Rica hat mein Lieblingsteam Griechenland ausgeschaltet, Fußball wie ein Büro-Job, wie Nick es bezeichnet, da kenne ich keine Gnade. Außerdem spielen sie auch einfach zu schlecht, sie fallen von allen Teams im Achtelfinale deutlich ab. Einbahnstraßenfußball, Pfosten, Latte, Glanzparade. Von Costa Rica ist rein gar nichts zu sehen, sie schießen in der zweiten Hälfte der Verlängerung zum ersten Mal einigermaßen kontrolliert aufs Tor. Aus guter Position trifft der Stürmer den Torwart, der Abschluss war ziemlich dürftig, der Ball war schwerer durchzulassen als zu halten. Ich beruhige die Utrechter, das wird schon, aber Holland macht es zunehmend schlechter. Die Stürmer werden nervöser und Robben eigensinniger, das Tor will einfach nicht fallen. Zwei Minuten vor Schluss wechselt van Gaal den Torwart, nicht einmal Sone oder Jerome kennen den neuen. Der Torwart hält zwei Elfmeter, die wahrlich nicht schlecht geschossen sind, alle Holländer treffen, tiefes Durchatmen bei Sone und Jerome. Es wäre einfach zu absurd gewesen, wenn Costa Rica in diesem Spiel weitergekommen wäre. Wir diskutieren anschließend noch lange die Aussichten im Halbfinale, kommen aber zu keinem rechten Schluss. Brasilien gegen Deutschland und Argentinien gegen Holland klingen ziemlich offen. Wir wünschen uns Deutschland und Holland im Finale, um 1974 noch mal nachspielen zu können. In Wirklichkeit ist es mir aber egal, wer gegen Deutschland im Finale verliert. Denn das ist das einzige, was diesmal wirklich zählt. Yogi Löw hat’s gesagt und so wird es auch gemacht. El juego bonito? Das interessiert niemanden mehr.
Gerd Lemke